verknallt in Schrift und Buchstaben

Kategorie: Aushängeschilder (Seite 4 von 8)

Ladenbeschriftung, Schaufenster, Fassadenwerbung, Leuchtreklame, Werbetechnik – hier findet sich alles, was Gewerbetreibende rund um Gebäude oder Ort ihres eigenen Betriebs an (potenzielle) Kunden richten.

30.12.2024

Vergangenen Freitag machte ich, von meiner derzeitigen Jahresend-Unterkunft in Brandenburg aus, einen Tagesausflug nach Berlin mit Stop-over in Spandau. Als typographisches Fundstück brachte ich von dort den untenstehenden Schnappschuss, angebracht über einem eher unscheinbaren Hauseingang, mit. Ein aktiv betriebener Betrieb oder ein Ladengeschäft an der dortigen Adresse war nicht mehr zu erkennen. Ich habe beim Lesen solcher Gewerbebeschriftungen, die den Nachnamen der Gründer mit deren Geschäftsfeld verbinden, oft ein nostalgisches Gefühl, da ich persönlich solche Namen eher mit vergangenen Zeiten verbinde, häufig sogar mit Schließungen, Insolvenzen oder Geschäftsaufgaben. In meinem Wohnviertel in Hamburg z.B. schloss kürzlich der kleine Laden »Elektro-Höglmüller«, 2023 traf es »Möbel-Scharbau«. Die Unternehmen »Betten-Schwen« und »Pflanzen-Kölle« gibt es hingegen noch. Dunkel erinnere mich andernorts noch an »Blusen-Köhler« oder »Wolle-Rödel« und vor etwa drei Wochen postete ich hier in dieser Rubrik das Foto eines Transporters von »Möbel-Ullrich«. Auch im Internet findet man noch aktive Unternehmen mit Namen gemäß dieser Nomenklatur, wie etwa »Auto-Zeilinger«, »Blumen-Brendel«, »Brillen-Fuchs«, »Küchen-Werner«, »Eisen-Fischer« oder »Fernseh-Schmidt«.



Wie seht Ihr das? Ist mein Gefühl zutreffend und diese Namenskategorie allmählich im Aussterben begriffen? Oder gibt es sogar Neugründungen, die sie aufgreifen? Vielleicht erinnert Ihr Euch auch selbst an gern besuchte Geschäfte, die so benannt waren und die es inzwischen nicht mehr gibt – und könnt ggf. sogar ein Foto von deren Ladenbeschriftung beisteuern? Ich bin gespannt.



Ich wünsche allen einen schönen Jahreswechsel und einen angenehmen und möglichst friedlichen Start ins Neue Jahr. 🎆 🍀 🤓 🔠 



13.12.2024

Das typographische Fundstück dieser Woche ist schon einige Jahre alt, daher kann ich nicht sagen, ob dieser charmante kleine Farben- und Tapetenladen in Neuenfelde bei Hamburg (südwestlich von Finkenwerder) noch existiert. Aber die wunderbar exzentrischen, schwertförmigen kleinen t hatten es mir damals angetan. 🙂 🤓 🔠

(Update, 01.09.2025: Es gibt einen ausführlichen, nostalgischen Online-Artikel über das Geschäft – es hieß übrigens »Drogerie Quast« –, das inzwischen leider am 29. April 2023 endgültig geschlossen wurde.)

➡️ https://suederelbe24.de/drogerie-quast-nach-beinahe-70-jahren-ist-eine-institution-bald-geschichte

06.12.2024

Mein Schreibtisch ist derzeit so prall mit herausfordernden und spannenden Designaufgaben befüllt wie ein Nikolausstiefel mit Weihnachtssüßigkeiten. Deshalb muss ich mich beim typographischen Fundstück der Woche ausnahmsweise auf einen Schnappschuss beschränken, zu dem ich nicht ausgiebiger recherchieren muss und der ohne Erläuterungen auskommt. Aber schön ist er trotzdem, finde ich. Ich mag den Hauch von Nostalgie, der so manche Gebäude- und Fahrzeugbeschriftung umweht, die mit den dynamischen, eigens gestalteten Schreibschrift-Schriftzügen versehen sind, wie sie in den 1950er- und 1960er Jahren en vogue waren. Dieses knallblaue Exemplar davon habe ich vor wenigen Tagen in Berlin fotografiert. 🤓 🔠

22.11.2024

Geht man derzeit durch die Dörfer und Städte, trifft man allerorten emsige Schausteller, Handwerker und Lieferpersonal beim Aufbauen und Ausstatten der Buden für die diesjährigen Winter- und Weihnachtsmärkte. Etliche davon sind schon seit einer guten Woche geöffnet, andere warten pietätvoll noch das bevorstehende Totensonntagswochenende ab, ehe sie ihr saisonales Geschäft beginnen. Es wird gehämmert, geschraubt, installiert, Girlanden und Lichterketten werden aufgehängt, Leitungen verlegt und Beschilderungen angebracht.



Auch in der Hamburger Spitalerstraße, wo ich vorgestern vorbeikam, herrschte vergleichbares Treiben. An einer der Buden entdeckte ich das typographische Fundstück für diese Woche: Der Betreiber dieser Gebäckbude »dremelte« den Schriftzug für sein zentrales Warenangebot mit einer fünf- bis sechsfachen gefrästen Kontur um die Buchstaben in das Holzschild. Die Umrisse wirken handgeführt und sie umgeben die Schrift nicht nur nach außen, sondern dringen auch in die Innenform der einzelnen Zeichen ein, rauhen die Konturen auf und runden die Ecken ab. Manch empfindsamen Schriftliebhaber mag es schaudern bei dieser Art der Umsetzung, jedoch eines ist festzustellen: der Schrift ihre Identität und Erkennbarkeit nehmen konnte die ungezügelte Fräse nicht – es ist eine »Helvetica Black«. 



Eine gute Schrift kann eben einiges vertragen … 😉 🤓 🔠 



01.11.2024

Ich bin derzeit mal wieder unterwegs in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, die Smartphonekamera immer im Anschlag auf der Suche nach interessanten typographischen Fundstücken.

Entdeckt habe ich zwei schöne Exemplare »historischer« Neonschriftzüge. In Düsseldorf kam ich an dem offenbar alteingesessenen Hotel »Bismarck« vorbei, in dessen Schriftzug mir besonders das ausgeschwungene k am Ende gefiel. Und in Trier begegnete mir der seltene Buchstabe ÿ (»Ypsilon-Trema«) in der Leuchtreklame eines Juweliers. Man könnte meinen, dies sei ein altmodisches, heutzutage kaum mehr gebräuchliches Zeichen (der dänische Astronom Tycho Brahe [1541–1601] etwa nutzte es für den Vornamen in seiner Unterschrift), aber der 2017 gegründete Telekommunikationsanbieter PŸUR nutzte z.B. dessen Extravaganz, um seinem Markennamen einen besonderen Akzent zu verleihen. Wer weiß – vielleicht steht dem ÿ ja ein Comeback bevor … 🤓 🔠

24.10.2024

»Aroma« – welch sinnliches Wort! Es klingt nach Gewürzen, nach kostbaren Ölen, nach Kräutern und anderen marktfrischen Zutaten. Ich denke an das Bukett eines feinen Weines oder den spritzigen Geschmack eines kühlen Bieres. Mein Gaumen erahnt die milde Säure einer Vinaigrette, die grüne Frische von Salat, die Röstnoten eines angebratenen Steaks. Meine Nase inhaliert den Duft hausgebackenen Brotes, den würzigen Hauch von Knoblauch- und Kräuterbutter, die rustikalen Schwaden, die aus einem Pizza-Steinofen dringen. Der Dampf frisch servierter Pastagerichte durchweht meine Fantasie, ein Reigen aus Basilikum, Tomaten, erdigen Trüffeln, Meeresfrüchten, Parmesan und Pancetta. Ich rieche Cocktailkompositionen, kreiert aus Wodka, Tequila, Gin, Rum, frischen Fruchtsäften, Blue Curaçao, Kahlua oder anderen Likören.



Was ich bei dem Wort »Aroma« nicht sehe, spüre, schmecke, rieche, ist die Schriftart Eurostile Bold Extended, auf 84% Breite gestaucht.



Die Wahl der Schriftart für das eigene Logo ist leider immer noch viel zu oft ein Stiefkind bei Gründern und Unternehmern. Stattdessen dominieren leidenschaftslos ausgewählte Standardfonts aus dem Katalog des Werbetechnikers, der die Ladenbeschriftung anfertigt und installiert oder – noch schlimmer – zu Tode genutzte Schriftarten aus dem Windows-Systemschriften-Repertoire. Eine treffsichere Positionierung, eine prägnante Profilierung gegenüber dem Wettbewerb, das Entfachen von Assoziationen, Neugier, Interesse, Sympathie bei Kunden und Zielgruppen – Fehlanzeige. All das jedoch könnte eine einfühlsam ausgewählte Schrift (mit) leisten.

Wenn man sie nur ließe.

18.10.2024

Ein bisschen beneide ich die Dänen (und Norweger) ja um ihr durchgestrichenes Ø. Ein schøner Buchstabe, der gesprochen wie ein Vokal zwischen Ä und Ö klingt (auf der englischen Wikipedia-Seite* kann man sich den Klangunterschied zwischen Ö und Ø anhören). Deshalb halte ich auf meinen Reisen nach Dänemark auch immer Ausschau nach kreativen Umsetzungen für dessen Form in medial reproduzierten Texten oder bei Unikat-Beschriftungen. Ein Beispiel, das mir besonders gut gefiel, war diese ebenso schlichte wie elegante Løsung an einem Salon in Kopenhagen. (Um von dem Schriftzug nicht allzu sehr abzulenken, habe ich einige Risse und Putz-Abplatzer an der Fassade dahinter »repariert«.)

Übrigens: Computernutzer benutzen das Ø gerne als mathematisches Symbol z.B. für »Durchmesser«, das ist aber eigentlich nur ein Notbehelf. Denn im Zeichensatz der mathematischen Sonderzeichen gibt es dafür ein eigens angelegtes Symbol: ⌀. Aber bitte fragt mich als Mac-User nicht, wie man auf einer Windows-Tastatur da, ohne nachzuschlagen, rankommen kann … 😉 



* ➡️ https://en.wikipedia.org/wiki/%C3%98

16.10.2024

☕️ Die Dänen trinken gerne Kaffee, im Pro-Kopf-Ranking des jährlichen Kaffeekonsums belegen sie zusammen mit Luxemburg sowie ihren skandinavischen Nachbarn Finnland, Norwegen und Schweden in Europa zuverlässig einen der vorderen Plätze. Entsprechend gibt es auch in Kopenhagen zahllose Cafés und Coffeeshops.



An der Fassade eines dieser Kaffeehäuser blieb mein Blick an dessen Ladenschild hängen – das heutige typographische Fundstück aus meinem Kopenhagen-Fundus. Hier ist nicht nur der Kaffee »hjemmelavet« (hausgemacht), sondern auch die Lettern der Außenbeschriftung wurden in aufwendiger Handarbeit aus kleinen Holzleisten zusammengezimmert. Eigenwillig, originell, hinreichend lesbar und bezüglich des Angebots exakt auf den Punkt gebracht. ☕ 🤓 🔠

15.10.2024

Heute zeige ich aus meiner Kopenhagen-Typo-Schnappschussausbeute mal ohne weitere Erläuterungen ein kleines Potpourri mit vier historischen Motiven von Gebäudefassaden in der Innenstadt. Immer wieder schön, zu sehen, dass solche Inschriften nicht nur z.T. über Jahrhunderte erhalten blieben, sondern (wie die vergoldeten Lettern vermuten lassen) sogar regelmäßig gereinigt oder erneuert werden. 🙂🤓🔠

10.10.2024

Manchmal verbergen sich typographische Schönheiten an den unscheinbarsten Orten. Eine meiner Angewohnheiten bei Reisen in andere Städte ist, dass ich sehr viel zu Fuß »herumstromere«, durch kleine Gassen, interessante Straßenzüge oder einfach der Nase nach. Auf einem dieser Wege entdeckte ich außen an einer kleinen inhabergeführten Bäckerei an einer eher schmucklosen Hauptstraße in Kopenhagen dieses aufwendig gefertigte Metallschild. Die ungewöhnlichen Formen der goldenen Lettern darauf machten mich neugierig. Ihre gedrungenen, aber eleganten, quadratisch anmutenden Proportionen sind eine ihrer Besonderheiten. Die andere besteht in den rechteckigen Innenräumen (»Punzen«) der Buchstaben B, R und P. Ich konnte online leider nicht herausfinden, wie diese – auf mich sehr »dänisch« wirkende – Schrift heißt.



Die Form der Buchstaben hat leise Anklänge an die »Engravers« des Designers Morris Fuller Benton¹, ebenso an die Exklusivschrift »Apotek« für  dänische Apotheken, gestaltet von der Designagentur Kontrapunkt². Ähnliche eckige Innenräume finden sich interessanterweise auch in den Originalformen der just erschienenen Schrift »Altona« von Albert-Jan Pool, Julia Uplegger und Antonia Cornelius wieder, die auf historischen Hamburger Straßenschildern aus Ottensen und Blankenese zu finden sind³. Sind diese Formen eventuell eine »nordische« Eigenart?



Leider ist das mit dem Smartphone geknipste Foto aufgrund der Entfernung des hoch angebrachten Schildes nicht so schön scharf geworden, wie ich es mir gewünscht hätte. Ich habe die Beschriftung daher einmal versucht, grob nachzuzeichnen, um die Anmutung etwas klarer darzustellen. Ein kleines Juwel, diese Schrift, finde ich.



1 ➡️ https://www.myfonts.com/de/products/d-bold-engravers-328933

2 ➡️ https://kontrapunkt.com/work/crafting-an-iconic-danish-high-street-brand

3 ➡️ https://page-online.de/branche-karriere/demnaechst-bei-typemates-antiqua-aus-altona/

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