verknallt in Schrift und Buchstaben

Kategorie: Aushängeschilder (Seite 4 von 7)

Ladenbeschriftung, Schaufenster, Fassadenwerbung, Leuchtreklame, Werbetechnik – hier findet sich alles, was Gewerbetreibende rund um Gebäude oder Ort ihres eigenen Betriebs an (potenziellen) Kunden richten.

01.11.2024

Ich bin derzeit mal wieder unterwegs in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, die Smartphonekamera immer im Anschlag auf der Suche nach interessanten typographischen Fundstücken.

Entdeckt habe ich zwei schöne Exemplare »historischer« Neonschriftzüge. In Düsseldorf kam ich an dem offenbar alteingesessenen Hotel »Bismarck« vorbei, in dessen Schriftzug mir besonders das ausgeschwungene k am Ende gefiel. Und in Trier begegnete mir der seltene Buchstabe ÿ (»Ypsilon-Trema«) in der Leuchtreklame eines Juweliers. Man könnte meinen, dies sei ein altmodisches, heutzutage kaum mehr gebräuchliches Zeichen (der dänische Astronom Tycho Brahe [1541–1601] etwa nutzte es für den Vornamen in seiner Unterschrift), aber der 2017 gegründete Telekommunikationsanbieter PŸUR nutzte z.B. dessen Extravaganz, um seinem Markennamen einen besonderen Akzent zu verleihen. Wer weiß – vielleicht steht dem ÿ ja ein Comeback bevor … 🤓 🔠

24.10.2024

»Aroma« – welch sinnliches Wort! Es klingt nach Gewürzen, nach kostbaren Ölen, nach Kräutern und anderen marktfrischen Zutaten. Ich denke an das Bukett eines feinen Weines oder den spritzigen Geschmack eines kühlen Bieres. Mein Gaumen erahnt die milde Säure einer Vinaigrette, die grüne Frische von Salat, die Röstnoten eines angebratenen Steaks. Meine Nase inhaliert den Duft hausgebackenen Brotes, den würzigen Hauch von Knoblauch- und Kräuterbutter, die rustikalen Schwaden, die aus einem Pizza-Steinofen dringen. Der Dampf frisch servierter Pastagerichte durchweht meine Fantasie, ein Reigen aus Basilikum, Tomaten, erdigen Trüffeln, Meeresfrüchten, Parmesan und Pancetta. Ich rieche Cocktailkompositionen, kreiert aus Wodka, Tequila, Gin, Rum, frischen Fruchtsäften, Blue Curaçao, Kahlua oder anderen Likören.



Was ich bei dem Wort »Aroma« nicht sehe, spüre, schmecke, rieche, ist die Schriftart Eurostile Bold Extended, auf 84% Breite gestaucht.



Die Wahl der Schriftart für das eigene Logo ist leider immer noch viel zu oft ein Stiefkind bei Gründern und Unternehmern. Stattdessen dominieren leidenschaftslos ausgewählte Standardfonts aus dem Katalog des Werbetechnikers, der die Ladenbeschriftung anfertigt und installiert oder – noch schlimmer – zu Tode genutzte Schriftarten aus dem Windows-Systemschriften-Repertoire. Eine treffsichere Positionierung, eine prägnante Profilierung gegenüber dem Wettbewerb, das Entfachen von Assoziationen, Neugier, Interesse, Sympathie bei Kunden und Zielgruppen – Fehlanzeige. All das jedoch könnte eine einfühlsam ausgewählte Schrift (mit) leisten.

Wenn man sie nur ließe.

18.10.2024

Ein bisschen beneide ich die Dänen (und Norweger) ja um ihr durchgestrichenes Ø. Ein schøner Buchstabe, der gesprochen wie ein Vokal zwischen Ä und Ö klingt (auf der englischen Wikipedia-Seite* kann man sich den Klangunterschied zwischen Ö und Ø anhören). Deshalb halte ich auf meinen Reisen nach Dänemark auch immer Ausschau nach kreativen Umsetzungen für dessen Form in medial reproduzierten Texten oder bei Unikat-Beschriftungen. Ein Beispiel, das mir besonders gut gefiel, war diese ebenso schlichte wie elegante Løsung an einem Salon in Kopenhagen. (Um von dem Schriftzug nicht allzu sehr abzulenken, habe ich einige Risse und Putz-Abplatzer an der Fassade dahinter »repariert«.)

Übrigens: Computernutzer benutzen das Ø gerne als mathematisches Symbol z.B. für »Durchmesser«, das ist aber eigentlich nur ein Notbehelf. Denn im Zeichensatz der mathematischen Sonderzeichen gibt es dafür ein eigens angelegtes Symbol: ⌀. Aber bitte fragt mich als Mac-User nicht, wie man auf einer Windows-Tastatur da, ohne nachzuschlagen, rankommen kann … 😉 



* ➡️ https://en.wikipedia.org/wiki/%C3%98

16.10.2024

☕️ Die Dänen trinken gerne Kaffee, im Pro-Kopf-Ranking des jährlichen Kaffeekonsums belegen sie zusammen mit Luxemburg sowie ihren skandinavischen Nachbarn Finnland, Norwegen und Schweden in Europa zuverlässig einen der vorderen Plätze. Entsprechend gibt es auch in Kopenhagen zahllose Cafés und Coffeeshops.



An der Fassade eines dieser Kaffeehäuser blieb mein Blick an dessen Ladenschild hängen – das heutige typographische Fundstück aus meinem Kopenhagen-Fundus. Hier ist nicht nur der Kaffee »hjemmelavet« (hausgemacht), sondern auch die Lettern der Außenbeschriftung wurden in aufwendiger Handarbeit aus kleinen Holzleisten zusammengezimmert. Eigenwillig, originell, hinreichend lesbar und bezüglich des Angebots exakt auf den Punkt gebracht. ☕ 🤓 🔠

15.10.2024

Heute zeige ich aus meiner Kopenhagen-Typo-Schnappschussausbeute mal ohne weitere Erläuterungen ein kleines Potpourri mit vier historischen Motiven von Gebäudefassaden in der Innenstadt. Immer wieder schön, zu sehen, dass solche Inschriften nicht nur z.T. über Jahrhunderte erhalten blieben, sondern (wie die vergoldeten Lettern vermuten lassen) sogar regelmäßig gereinigt oder erneuert werden. 🙂🤓🔠

10.10.2024

Manchmal verbergen sich typographische Schönheiten an den unscheinbarsten Orten. Eine meiner Angewohnheiten bei Reisen in andere Städte ist, dass ich sehr viel zu Fuß »herumstromere«, durch kleine Gassen, interessante Straßenzüge oder einfach der Nase nach. Auf einem dieser Wege entdeckte ich außen an einer kleinen inhabergeführten Bäckerei an einer eher schmucklosen Hauptstraße in Kopenhagen dieses aufwendig gefertigte Metallschild. Die ungewöhnlichen Formen der goldenen Lettern darauf machten mich neugierig. Ihre gedrungenen, aber eleganten, quadratisch anmutenden Proportionen sind eine ihrer Besonderheiten. Die andere besteht in den rechteckigen Innenräumen (»Punzen«) der Buchstaben B, R und P. Ich konnte online leider nicht herausfinden, wie diese – auf mich sehr »dänisch« wirkende – Schrift heißt.



Die Form der Buchstaben hat leise Anklänge an die »Engravers« des Designers Morris Fuller Benton¹, ebenso an die Exklusivschrift »Apotek« für  dänische Apotheken, gestaltet von der Designagentur Kontrapunkt². Ähnliche eckige Innenräume finden sich interessanterweise auch in den Originalformen der just erschienenen Schrift »Altona« von Albert-Jan Pool, Julia Uplegger und Antonia Cornelius wieder, die auf historischen Hamburger Straßenschildern aus Ottensen und Blankenese zu finden sind³. Sind diese Formen eventuell eine »nordische« Eigenart?



Leider ist das mit dem Smartphone geknipste Foto aufgrund der Entfernung des hoch angebrachten Schildes nicht so schön scharf geworden, wie ich es mir gewünscht hätte. Ich habe die Beschriftung daher einmal versucht, grob nachzuzeichnen, um die Anmutung etwas klarer darzustellen. Ein kleines Juwel, diese Schrift, finde ich.



1 ➡️ https://www.myfonts.com/de/products/d-bold-engravers-328933

2 ➡️ https://kontrapunkt.com/work/crafting-an-iconic-danish-high-street-brand

3 ➡️ https://page-online.de/branche-karriere/demnaechst-bei-typemates-antiqua-aus-altona/

03.10.2024

Eine meiner Lieblingskategorien bei den typographischen Fundstücken sind  historische Werbemalereien auf Fassaden. Denn sie erzählen mir, leise flüsternd, Geschichten darüber, wie sich Orte, Gebäude, Straßen oder Stadtviertel verändert haben. Die Tür unter dem Motiv lässt keinen Zweifel: Das einst dort ansässige Geschäft »M. Larsenˢ Hørkramhandel« ist längst geschlossen. So etwas macht mich neugierig. Was ist ein »Hørkramhandel«? Das Wort »kram« findet sich auch im deutschen Begriff »Krämerei«, es geht um allerlei Waren rund um einen Dachbegriff. So bekommt man in einem dänischen Geschäft für »Isenkram« – Eisenwaren, also verschiedenste Gebrauchsgegenstände wie Werkzeuge, Schrauben, Beschläge und Scharniere, Haushaltsgeräte, Handwerkerartikel usw.

Unter »Hørkramhandel« (= »Flachshandel« oder »Leinenhandel«) verstand man in Kopenhagen den Handel mit einer Reihe verschiedener Waren wie Petroleum, Bastmatten, Teer, Steingut/Töpferwaren, Salz/Pökelsalz, Hopfen, Flachs, Hanf, Pech, Teer, Eisen, Kupfer, Zinn und Blei, wie sie offenbar vorrangig im Hafen tätige Kunden wie z.B. Schiffsbesitzer, Proviant- und Konservenfabrikanten, Handwerker, Werkstätten, Lagerhäuser oder Brauereien benötigten.



Im Nu geht das Kopfkino an, Bilder aus »Moby Dick« oder den Erzählungen von Charles Dickens klingen an, es riecht nach Meer, Fisch und Kohlefeuer. Und das alles nur wegen einer alten verwitterten Beschriftung …



Wikipedia-Artikel »Kram«:
➡️ https://de.wikipedia.org/wiki/Kram

23.08.2024 (1)

Aus Urlaubsgründen wird die – selbstverständlich trotzdem fortgesetzte – Serie der typographischen Fundstücke vorübergehend aus eher unkommentierten Schnappschüssen bestehen, die mir während meiner Ausflüge durch Skandinavien ins Auge fallen. Heute beginne ich mit zwei schönen historischen Motiven aus dem beschaulichen Städtchen Skive in Midtjylland, Dänemark.

14.08.2024

Kurioses kleines typographisches Fundstück zwischendurch mit einem spiegelverkehrten »Et-Zeichen« – entdeckt in Havelberg (Brandenburg) an der Fassade der »Pension Zur Alten Post«. Leider konnte ich vom Fahrersitz des Autos aus nicht selbst fotografieren, aber bei Wikimedia Commons fand ich ein hochauflösendes Foto unter Creative-Commons-Lizenz, aus dem dieser Ausschnitt stammt. 



Quelle des Originalfotos »Alte Post Havelberg.JPG«:


Urheber: Kvikk | Wikimedia Commons | Lizenziert unter CC BY-SA 4.0


➡️ https://de.m.wikipedia.org/wiki/Datei:Alte_Post_Havelberg.JPG

19.07.2024

Das Motto, unter dem ich die heutigen typographischen Fundstücke versammeln möchte, lautet »Do It Yourself«.

Die zu komplett unterschiedlichen Zeitpunkten und an ganz verschiedenen Orten aufgenommenen Fotos haben nämlich eines gemeinsam: Die abgebildeten Schriftzüge oder Botschaften nutzen keine käuflich lizenzierbare Schriftart, sondern wurden für ihren speziellen Zweck und Einsatzort, entweder von den Gewerbetreibenden selbst oder von handwerklich begabten Helferinnen offenbar »selbstgemacht«.



Ich mutmaße aufgrund der Eigenheiten und z.T. Unregelmäßigkeiten der Buchstabenformen, dass die Gestaltung und Ausführung ohne Konsultation  professioneller Grafikerinnen oder Typograph*innen erfolgte. Trotzdem sind die Resultate kreativ, fantasievoll und einigermaßen gut zu lesen bzw. zu entschlüsseln (wenn man mal von den nachträglichen Verwitterungen und Beschädigungen absieht). Da die Wörter und Beschriftungen keine kritische oder offizielle Funktion wie z.B. Wegelenkung erfüllen und keine längeren Texte damit gesetzt werden, finde ich die handwerklichen Schwächen hier eher verzeihlich.

Ich finde es spannend, zu sehen, was geschieht, wenn abseits professioneller Schriftgestaltung Buchstaben und Beschriftungen entstehen. Auch »anarchische« Typographie kann inspirierend sein! 😉 🔠

  1. Parkplatz in Dresden (2014)


  2. Gaststätte in Meißen (2017)


  3. Blumenladen in Hamburg (2024)


  4. Modegeschäft in Edinburgh, Schottland (2009)


  5. Kathedrale auf Gozo, Republik Malta (2002)


  6. Galerie in Salzburg, Österreich (2009)


  7. Metzgerei in Ennis, Republik Irland (2013)


  8. Erotikboutique in Göttingen (2018)


  9. Bar in Gera (2018)


« Ältere Beiträge Neuere Beiträge »