In den meisten Fällen sind die Buchstaben bzw. Wörter, die uns im Alltag begegnen, »körperlos«. Wir lesen sie schwarz, weiß oder farbig, gedruckt auf Papier, auf Monitoren und Displays, in E-Mails, als Werbebotschaften, Wegeleitung, Aushängen und Beschilderungen, in Büchern, Zeitungen oder Zeitschriften, schauen darauf, entschlüsseln Inhalt und Sinn, aber machen uns kaum bewusst Gedanken über die Form der Zeichen, ihre materiellen Eigenschaften oder den technischen Prozess ihrer Produktion bzw. Veröffentlichung.
Mit dem heutigen typographischen Montagsbonbon möchte ich meine Leser einmal dazu anregen, im Alltag bewusst(er) auf die physische Beschaffenheit von Buchstaben und Texten zu achten. Ich selbst bekomme immer dann einen besonderen Impuls dazu, wenn ihre eigentliche, ursprüngliche oder gewünschte Präsenz ungewollt ge- oder zerstört wird. Wenn elektronische Texte flackern, verschwimmen oder verpixelt sind, wenn Druckfarbe erodiert oder verblasst, wenn Folienschriften abblättern, gemalte Buchstaben Risse bekommen, wenn Leuchtbuchstaben erlöschen – also immer, wenn äußere Einflüsse die Hauptaufgabe von Buchstaben, uns Inhalte zu vermitteln, stören, erschweren oder verunmöglichen.
Als Beispiel füge ich zwei Fundstücke bei, die das sehr schön verdeutlichen: Erstens: eine Beschilderung, die zwar einerseits für eine technische Funktionsprüfung wirbt, aber sich selbst bereits dem Ende ihrer Funktionalität nähert. Und zweitens: ein Buchstabe, dessen dreidimensionale Umsetzung plötzlich dadurch besonders auffällig wird, dass man nicht mehr nur 𝘢𝘶𝘧 ihn, sondern 𝘪𝘯 𝘪𝘩𝘯 𝘩𝘪𝘯𝘦𝘪𝘯 schauen kann. Denn wann bekommt man schon mal einen Blick ins Innenleben eines C?
Denkt mal drüber nach! 😉 🤓 🔠