verknallt in Schrift und Buchstaben

Kategorie: Antiquitäten (Seite 2 von 10)

Von Vintage über historisch bis antik, in Stein gemeißelt, gemalt, als Relief oder traditionell gedruckt – in dieser Kategorie landet alles, was garantiert schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel hat.

04.07.2025

Wenn die Hitze drückt, brauchen Körper und Geist erstens genug Flüssigkeit und Elektrolyte und zweitens eine reichliche Zufuhr von Nervennahrung wie Obst, Schokolade, Gebäck oder Konfekt, die gut schmeckt, die Endorphinausschüttung anregt und im Idealfall etwas kühlt. Deshalb steht das Bilderbündel, das ich heute als gesammelte typographische Fundstücke der Woche aus meinem »Barcelona-Bestand« poste, unter dem Motto »Leckereien«. Im Angebot sind Süßwaren (1), Confiserie (2), ein feines Brunch (3) und Tapas (4).



Die meisten Schriften in den Bildern sind wieder garantiert handgefertigt, insbesondere bei Bild (3) und basieren höchstens teilweise auf kommerziellen oder historischen Vorlagen, ihre Bestimmung ist daher sehr diffizil. 



Die augenfälligsten Merkmale bei der Schrift auf dem Vorhang der Bonboneria (1) sind der spitze Winkel beim M und der gerade Abstrich des R – eine kommerzielle Schrift mit beiden Merkmalen gleichzeitig konnte ich nirgends finden. Beim oberen Schriftzug auf demselben Bild fallen insbesondere die schlanken Proportionen, der Winkel in den Serifen beim E und der große »Bauch« des R auf, aber auch hier kam ich bei einer Identifikation nicht weit. 



Das Metallrelief bei der Pastisseria (2) zeigt mal wieder eine Schrift mit Urspüngen im Art Déco oder den beiden Jahrzehnten danach. Hier böte sich der Font »ITC Juanita« als Vorlage an: 



➡️ https://www.myfonts.com/de/collections/juanita-font-itc

Im Foto mit den Tapas (4) fallen die kurzen Unter- und Oberlängen, der gerade Abstrich des y und das abstrichlose u auf, ein als Vorlage hätte z.B. die Schrift »HK Nova Semi Bold« gedient haben können:



➡️ https://www.myfonts.com/de/products/semi-bold-hk-nova-590740

Aber jetzt gibt’s erstmal ein Eis! 🤓 🔠 🍧

16.06.2025

Es ist Montag und kein Feiertag – und so gibt es heute wieder ein typographisches Bonbon bzw. eigentlich sogar zwei. Auch diese stammen, wie im Posting vom letzten Freitag, noch einmal aus Regensburg. Denn wo ich gehe und stehe, suche ich nicht nur nach interessanten, kuriosen, schönen oder fragwürdigen Schriftzügen, sondern auch stets nach bemerkenswerten Exemplaren meines Lieblingsbuchstabens, des kleinen »g«.

Davon habe ich in der schönen Stadt an der Donau gleich zwei famose Vorkommen eingefangen: Eins auf einem Straßenschild bzw. Hausnummern-Wegweiser und eins auf einer steinernen Tafel an der Hausfassade des Ehemaligen Evangelischen Frauenstifts »St. Oswald«, das inzwischen als Studentenwohnheim fungiert. So schön! 🤩 🤓 🔠

02.06.2025

Das typographische Montagsbonbon kommt heute aus Berlin. Auf dem Weg zu einer Wochenendverabredung durchquerte ich die in Charlottenburg gelegene Mommsenstraße und kam an diesem alten, verwitterten Werbeschild vorbei, das natürlich sofort geknipst werden musste.



Die Buchstaben erinnern mich an irgendwas, in meinem Kopf läutet ein leises Assoziationsglöckchen, eine vage Ahnung an einen Schriftzug, vielleicht auf einer Verpackung oder in einer Werbebotschaft aus meiner Kindheit. Irgendwas zwischen Galama, Doppelherz und Schierker Feuerstein, aber so richtig bin ich noch nicht drauf gekommen. Wenn es mir einfällt, werde ich den Beitrag entsprechend ergänzen. 



Eine kommerzielle Schrift, welche solche oder ähnliche markante Verzierungen der Anfangsbuchstaben besitzt, konnte ich ebenfalls noch nicht ausfindig machen. Im zweiten Bild – das bei Mauskontakt/Touch erscheint – habe ich das Schild einmal grob digital restauriert, sodass man erahnen kann, wie es ungefähr zum Zeitpunkt seiner Anbringung ausgesehen haben muss. Bringt überhaupt noch jemand Schuhe zur Reparatur? Im Zeitalter von Fast Fashion und Discountern wie RENO oder Deichmann könnte ich mir gut vorstellen, dass auch dieser Service heutzutage spürbare Auftragseinbußen hinzunehmen hat. Schade eigentlich. Den Geruch aus Leder, Klebstoff, Lösungsmitteln und Plastik, den ich noch aus solchen Werkstätten kenne, habe ich zumindest gleich wieder in der Nase … 🤓 🔠 🥾

23.05.2025

Schon über eine Woche bin ich wieder zurück aus Barcelona und heute möchte ich von dort die ersten beiden typographischen Fundstücke präsentieren, die beide etwas gemein haben – und zwar eine ungewöhnliche Formgebung bei der Ziffer 1. Beim Vorbeigehen an dem Haus, dessen Hausnummer ich auf dem ersten Bild fotografiert habe, musste ich tatsächlich die Nummern der beiden benachbarten Häuser checken, um zu begreifen, dass es sich um die Zahl »11« handeln soll. Eine solch eigenwillige Form bei Einsen hatte ich bewusst bisher noch nie gesehen. Einige hundert Meter weiter begegnete mir dann vor einem Fenster ein schmiedeeisernes Gitter, in dem die 1 der eingearbeitete Jahreszahl »1862« genau dieselbe, an ein Schreibschrift-𝓘 oder -𝓙 erinnernde Gestalt hatte.

(LinkedIn-Kommentator und Schriftgestalter Albert-Jan Pool brachte auch noch die Ähnlichkeit mit einem 𝓼 ins Spiel.)



Vielleicht kann ja eine(r) der hier Mitlesenden etwas dazu beitragen zu der Frage, ob diese Form eine typisch spanische Eigenheit ist oder woher sie sonst stammen könnte. Ich bin gespannt!

19.05.2025

Das heutige typographische Bonbon ist vielleicht eher etwas für die älteren unter den Lesern. Nämlich die, die sich noch daran erinnern, dass zwischen 1970 und 1973 immer freitags um 18.35 Uhr im Vorabendprogramm des ZDF eine Sendereihe unter dem (heute kritischer zu betrachtenden) Titel »Dick & Doof« mit Stan Laurel und Oliver Hardy zu sehen war – und bis zu 16 Mio. Zuschauer pro Woche verzeichnen konnte! 



Das Besondere an der Aufbereitung des Filmmaterials war – neben dem teils abenteuerlichen Zusammenschnitt mehrerer unabhängig entstandener Filme zu einer neuen 25-minütigen »Story« und der schwungvollen Musikuntermalung von  Fred Strittmatter und Quirin Amper jr. – oft die »Ein-Mann-Synchronisation« durch den Kabarettisten Hanns Dieter Hüsch, der mit großer Stimmenvielfalt und seinen eloquent-verschrobenen Off-Kommentartexten den Sketchen der beiden Komödianten eine ganz neue, sehr deutsche, aber auch höchst amüsante Facette verlieh.



Im Vorspann der Serie (die hier im Haushalt kürzlich auf DVD erstanden wurde) fiel mir gleich der kuriose Titelschriftzug auf, der mit seinen comic-artigen massiven Lettern und den schrägen Formideen (das »k«!) schon fast etwas Logo-artiges hat und dem man die frühen 1970er, wie ich finde, auch formal sehr schön ansieht. 



Mehr Infos zur Serie:


➡️ https://www.wunschliste.de/serie/dick-und-doof#lexikon_inhalt

16.05.2025

Wie vorgenommen, habe ich alle Bildmotive zeigenswerter typographischer Fundstücke von meinen letzten Städtereisen ausgewählt und vorbereitet und kann sie gemütlich Woche für Woche »abarbeiten«. 🙂 



Den Anfang macht heute ein (auch farblich) sehr schönes altes Fassaden-Reklamemotiv aus Trier. Ich liebe ja auch den aus heutiger Sicht etwas gestelzt klingenden Duktus der alten Formulierungen, und genau deshalb habe ich eben auch bewusst »Reklame« geschrieben statt »Werbung«. 



Die Schrift ist mit Sicherheit keine kommerzielle Type, sondern besteht aus individuell gestalteten Buchstaben. Der schmal laufende Slogan am Kopf des Motivs erinnert mich am ehesten an die »DIN Condensed«, die breiter laufenden Zeilen darunter eher an »Avenir« oder »Futura«. Interessant sind die verschiedenen Formen des G im Claim über dem blauen Logo-Feld und in der Unterzeile unter dem Unternehmensnamen. Zu meinen spontanen Ähnlichkeits-Assoziationen habe ich ein zweites Bild angefügt. 



Das beworbene Unternehmen existiert übrigens nach wie vor und bezeichnet sich selbst als »das größte Damenbekleidungsgeschäft der Saar-Lor-Lux Region.« Es wurde 1894 unter dem im Foto dokumentierten Namen »Hochstetter & Lange« eröffnet und firmiert heute nur noch unter dem Namen »Hochstetter«. Wann das Wandmotiv entstand, konnte ich leider nicht verlässlich ermitteln, ich persönlich würde es anhand der Gestaltung und Formulierung geschätzt etwa zwischen 1950 und 1965 verorten. 🤓 🔠 



09.05.2025

Die Woche endet wie gewohnt mit einem typografischen Fundstück der Woche.

Es ist jedoch heute kein eigene Entdeckung, sondern eine Einreichung meines Freundes Robert Plasberg. Er hatte diesen Schriftzug mit seiner interessanten Interpretation des »Ç« in Paris entdeckt und mir gestattet, das Motiv hier zu posten. Ich verorte die Schrift stilistisch – mal wieder – in der Zeit des Art Déco, spontan erinnert sie mich an den Font »ITC Anna«, um 1988–1991 gestaltet von Daniel Pelavin (USA).

Die heute gepostete Einreichung gefällt mir nicht nur grafisch ausgesprochen gut, sondern kommt mir auch aus einem anderen Grund sehr gelegen – denn nach meiner kürzlichen Städtereise nach Trier über Ostern, während der ich viele neue Fundstücke erbeutet habe, folgte nun eine berufliche Reise nach Barcelona. Und obwohl ich nicht viel Zeit hatte mir die Stadt anzuschauen, konnte ich mich in den wenigen Tagen in den verwinkelten Gassen und auf den prachtvollen Boulevards schier bewusstlos fotografieren, was neue typographische Juwelen und Kuriositäten betrifft – und somit wird es eine Weile dauern, bis ich alles gesichtet, sortiert und bearbeitet habe. 

Aber genug Stoff für die nächsten Monate ist auf jeden Fall jetzt schon mal absehbar. 



Bon week-end à tous les garçons et filles, ainsi qu’à tous les autres! 🤓🔠



ITC Anna:
➡️ https://www.myfonts.com/de/collections/anna-font-itc

28.04.2025

Das typographische Bonbon – wiederum aus meinem Urlaub im Moselland – zeigt einen »handgemalten« Wegweiser mit einer tatsächlichen Ortsangabe, die aber auch gleichzeitig als Aufforderung gelesen werden kann, bewusst einmal innezuhalten, sich dem täglichen Stakkato aus To-do-Listen, Doomscrolling, Social-Media-Beiträgen, Straßenlärm, Mediengewitter und anderen Stressfaktoren einfach mal für eine Weile zu entziehen. Raus an die frische Luft, in den Wald, über die Hügel, auf die Wiesen, bewusst auf-, ein- und auszuatmen, gemächlich zu flanieren oder forsch zu wandern, vielleicht Rad zu fahren – und an nichts zu denken, außer dem gerade präsenten Moment. Für eine Weile den Blick von Monitor und Display zu heben und weit »ins Land«, in die Landschaft zu schauen.



Hilft ungemein und entspannt kolossal. Ich hab’s ausprobiert. 🤓 🔠 ⛰️

25.04.2025

Mit dem heutigen typographischen Fundstück der Woche begeben wir uns in die Region meines diesjährigen Kurzurlaubs über die Ostertage – in die Region um die alte Römerstandt Trier an der Mosel. Aus familiären Gründen habe ich eine Verbindung zu dieser Region und liebe sie sehr aufgrund der wunderschönen Landschaft und den vielfältigen Möglichkeiten, auf Wanderungen über die (Wein-)Berge und durch die Natur zu entspannen und meine Kondition zu stärken. 😉



Auf einer Besorgungstour kam ich etwas abseits der Innenstadt an einem Eck-Geschäft vorbei, in dem einst diese Bäckerei ansässig war. Wie im Netz zu erfahren ist, wurde der Betrieb bereits im November 2012 aufgegeben. Das Schild gehört damit zu der mit etwas Melancholie behafteten Kategorie »Beschriftungen, die ihre einstigen Urheber überlebt haben«, aus der ich hier schon das eine oder andere Mal Fundstücke präsentierte.



Mir gefällt der gewagte, dynamische und eindeutig individuell gestaltete Schriftzug mit seinen »Pfosten« links und rechts, zwischen denen sich die Kopfzeile aufspannt, und der kessen r-Schlaufe in der Mitte sehr. Ich finde die Wortmarke keineswegs verstaubt oder antiquiert, ihr leichter Retro-Charme wird durch die trapezförmige Komposition gekonnt an die Gegenwart angedockt.



Hätte die Bäckerei dem Abstieg der Handwerksbäckereien Anfang der 2000er-Jahre noch etwas länger widerstehen können, hätte sie womöglich von der Renaissance guten Brotes profitiert, die sich seit der Corona-Pandemie abzeichnet und wäre vielleicht heute noch geöffnet. Auch ich pflege seit den damaligen Lockdowns einen Sauerteig in meiner Küche und schätze gute Brote aus alten (und neuen!) Manufakturen wie z.B. »Backgeschwister«, »Sironi« oder »Sören Korte Brotmanufaktur« in Berlin und Hamburg – auch, wenn mir deren Logos nicht ganz so gut gefallen wie dieses hier … 😉 🤓 🔠 🍞 



Bericht zur Schließung der Bäckerei:


➡️ https://www.nd-aktuell.de/artikel/239459.beim-baecker-geht-der-ofen-aus.html

Artikel zur Renaissance guten Brotes:


➡️ https://www.falstaff.com/ch/news/baecker-die-neue-brot-zeit-2

21.04.2025

Mit dem heutigen typographischen Montagsbonbon ist mein Vorrat an Fundstücken aus Kopenhagen vorerst erschöpft. Ich hoffe, ich habe damit niemandem eine Überdosis der dänischen Hauptstadt zugemutet. 😉 



Am Wegesrand entdeckte ich bei einem Stadtstreifzug auf einer von zwei Säulen links und rechts des Zugangstores diesen »knuffigen« Schriftzug. Ich finde, schon anhand des Namens (Friedenshaus) und der Schriftart, aber auch aufgrund der Blumenornamente erahnt man, dass es sich um etwas Gutes, dem Allgemeinwohl Dienendes, handelt. Und in der Tat ergibt die Netzrecherche Folgendes:

»›Fredenshus‹ ist eine Stiftung des »Foreningen til Lærlinges Uddannelse« (Verein für Lehrlingsausbildung). Der Name des Hauses stammt aus dem Jahr 1894, als es sich im Kopenhagener Straßenzug Fredensbro befand. Ein größeres und moderneres Gebäude wurde 1914/15 am heutigen Standort in der Øster Alle erbaut. Es bot zunächst Unterkunft in Form kostenloser oder sehr günstiger  Wohnungen mit 1–2 Zimmern für ältere Arbeiter, ihre Witwen oder unverheirateten Töchter. Seit den 1970er Jahren werden die kleineren Einzimmerwohnungen vorrangig an junge Menschen vermietet, die nachweislich eine mehrjährige staatlich geförderte (Berufs-)Ausbildung absolvieren. Die größeren Zweizimmerwohnungen stehen primär für Personen über 55 Jahren zur Verfügung.«



fredenshus.dk

Wenn ich so etwas lese, freue ich mich einerseits, dass es solche Angebote (noch) gibt, andererseits betrübt es mich, zu sehen, dass die Motivation und Gesinnung, in einem Staat oder einer Gesellschaft für günstige oder kostenlose Wohlfahrt, Solidarität, Unterstützung, Förderung und Hilfe zu sorgen, zunehmend zu erodieren scheint. Gestrauchelte, hilflose, gesundheitlich beeinträchtigte oder arbeitslose Menschen werden pauschal als »Schmarotzer« oder »Faulenzer« abgewertet, Finanzleistungen gekürzt, Sanktionen z.T. unmenschlich verschärft. Dass man damit nur an Symptomen herumdoktert, statt an den Ursachen, dass Menschen drangsaliert werden statt sie zu unterstützen und zu begleiten, damit sie wieder auf die Beine kommen, wird billigend in Kauf genommen. Dabei gibt es – z.B. in Finnland, in Form der erfolgversprechenden »Housing First«-Initiative gegen Obdachlosigkeit – durchaus Ansätze, die versuchen, soziale Probleme an ihren Wurzeln zu bekämpfen und – trotz anfänglich womöglich höherer sozialer Aufwendungen für Betroffene – am Ende dennoch gesamtgesellschaftlich eine (auch finanziell) positive Bilanz zu erzielen.



Ich bin fest überzeugt: Empathie ist keine Schwäche.



Website Fredenshus:
➡️ https://fredenshus.dk/



Artikel zu Housing First (SPIEGEL):
➡️ https://t1p.de/housingfirst

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