verknallt in Schrift und Buchstaben

Monat: März 2025

31.03.2025

Als typografisches Montagsbonbon heute etwas zum Schmunzeln, erneut aus der Rubrik »beim Aufruf automatisiert übersetzte Websites«. Bei der Recherche zu einem meiner folgenden Freitagsbeiträge stieß ich auf diese Stilblüte der Übertragung eines typographischen Begriffs vom Englischen ins Deutsche. Wie sagt man auf Englisch »I kid you not!«

(Update, 01.09.2025: Inzwischen wurde der Übersetzungsfehler behoben, er ist somit nicht mehr »live« zu begutachten.)

[Für die Nicht-Typographen unter den Lesern: Der englische Begriff »Small Caps« (= Small Capitals) bezeichnet Schriften, die anstatt der üblich genutzten Kleinbuchstaben kleinere Großbuchstaben nutzen. Korrekt übersetzt müsste der Begriff auf Deutsch »Kapitälchen« lauten. Diese Zeichen sind im Idealfall eigens für den Zeichensatz passend gestaltete Buchstabenvarianten (»echte Kapitälchen«). Es existiert zwar auch die Option, die normalen Großbuchstaben in der Softwareanwendung mittels der Textformatierung kleiner zu skalieren – für professionelle Gestalter aber sind solche »falschen Kapitälchen« ein Graus.]

28.03.2025

Das Betrachten und ggf. Besichtigen von Kirchen gehört für mich, obgleich ich selbst nicht sonderlich religiös bin, natürlich auch dazu, wenn ich eine Städtereise wie meine kürzlich unternommene Fahrt nach Kopenhagen mache. Auf meinen Streifzügen durch die Stadt kam ich an einer Kirche vorbei, über deren Eingangsportal eine eingemeißelte Schriftzeile meine Aufmerksamkeit erregte. Es war die St.-Augustin-Kirche der deutschsprachigen katholischen Gemeinde in Kopenhagen, sie wurde in den 1960er Jahren vom Jesuitenpater Adolf Meister (*1931) gegründet. Das Kirchengebäude wurde lt. Wikipedia im Jahr 1914 fertiggestellt, ist also vergleichsweise jüngeren Datums.



Es war nicht ganz einfach, bei den herrschenden Lichtverhältnissen ein Foto zu machen, auf dem die Inschrift 100% klar erkennbar ist. Sie lautet: SUMITE: HOC EST CORPUS MEUM, rechts darunter in kleinerer Schrift dann: MARC XIV·22. Es handelt sich also um ein Bibelzitat aus dem Buch Markus, auf deutsch »Nehmet; das ist mein Leib« – die Einsetzungsworte zum christlichen Abendmahl.



Besonders auffällig fand ich die herzförmigen M, die sich in ähnlicher Form in einigen sog. »Unzialschriften« wiederfinden. So bezeichnet man antike, schon ab dem 2. Jh. anzutreffende, zumeist mit einer breiten Feder handgeschriebene (Buch)schriften, in denen es oft keine gesonderten Groß- und Kleinbuchstaben gibt, die kaum Ober- oder Unterlängen besitzen und auffällig gerundete Detailformen. Schriften mit ähnlicher Anmutung tauchen oft im Kontext der Geschichten J.R.R. Tolkiens auf; gibt man »Hobbit« bei der Schriftsuche ein, landet man auffällig oft auf Seiten mit Schriften, die an Unzialschriften erinnern. Auch mit den alten Kulturen der Kelten, Iren, Schotten und Waliser werden solche Schriften oft assoziiert oder für eine entsprechende Anmutung, z.B. bei Büchern, CDs oder Filmtiteln eingesetzt.



Die Inschrift deutet an einigen Buchstaben deutliche Serifen an, an anderen sind diese nicht oder kaum erkennbar; beim S sieht man oben keine, unten hingegen schon. Und die Formen von S und R wirken auf mich geradezu modern. Eine spannende Kombination. Ich habe die großen Zeichen aus dem Foto einmal von Hand – soweit für mich erkennbar – nachskizziert und bin gespannt, ob von den Schriftexperten hier eine weitere vertiefende oder korrigierende Einordnung erfolgt. 🤓 🔠 



Kirche St. Augustin/Kirchengemeinde:
➡️ https://en.wikipedia.org/wiki/St._Augustine%27s_Church,_Copenhagen
➡️ https://www.gemeinde.dk/gemeinde/



Unzialschriften:


➡️ https://www.typografie.info/3/Schriften/listen.html/unzialschriften-r112/
➡️ https://de.wikipedia.org/wiki/Unziale

Beispiel einer ähnliche Unziale (»750 Latin Uncial«):


➡️ https://www.myfonts.com/de/collections/750-latin-uncial-font-glc

24.03.2025

Auch das heutige typographische Montagsbonbon (und noch einige weitere folgende Fundstücke in den nächsten Wochen) habe ich natürlich auf meinen Streifzügen durch Kopenhagen entdeckt: An einer lokalen Schule haben (vermutlich die Schüler*innen selbst) deren Namen (Heibergskolen) mit farbigen Wollfäden ins Gitter des Schulhoftores gewebt. Kreativ und auffällig!

21.03.2025

Bei schönstem Spätwinter- bzw. Frühfrühlingswetter genieße ich derzeit zum wiederholten Male einen entspannten Kurzurlaub in einer meiner Herzensstädte: Kopenhagen. Doch die Gestalter und Kreativen hier kennen es bestimmt: Der Kopf und das Auge eines Grafikers haben niemals Ferien. Und so laufe ich denn hier auch stets mit voll aktivem Typo-Radar durch die Straßen und Stadtviertel und sehe, finde und knipse neues Futter für meine Schnappschusssammlung und meine allwöchentliche hiesige Buchstabenrubrik. Dennoch möchte ich den Urlaub immerhin so weit ausnutzen, dass ich die heute geposteten Fundstücke nicht ganz so ausführlich kommentiere wie sonst. Nur soviel sei gesagt: Das neunteilige Potpourri widmet sich meiner Lieblingsglyphe, dem »dänischen g«. Für den einen wirkt es vielleicht sonderbar beschnitten – für mich ist es immer wieder eine Augenweide. 🤓 🔠 🇩🇰 



Jeg ønsker alle en dejlig weekend!

17.03.2025

Es ist Montag und da gibt es wieder ein typographisches Bonbon zwischendurch. Diesmal erspäht auf dem Außengelände der »Zitadelle Spandau«. Ein funktionsfähiges Telefon ist zwar in dieser Kabine nicht mehr installiert, aber um so schöner fand ich es, dass das knallrote Häuschen als historisches Telekommunikationsdenkmal dennoch weiterhin dort stehen darf. 🤓 🔠 ☎️

14.03.2025

Am heutigen Datum, an dem dieses typographische Fundstück der Woche online geht, liegt der Sonntag zur Neuwahl der Hamburger Bürgerschaft nun schon wieder fast zwei Wochen zurück. Geknipst habe ich das Foto allerdings bereits zwei Tage nach dem Wahldatum. Einige Wahlplakate waren bereits abgehängt, viele mit Aufklebern und handschriftlichen Kommentaren übersät, manche zerknittert, abgefallen und verschmutzt oder sichtbar verwittert. Aber zwischen all diesen lädierten Exemplaren bemerkte ich dann dieses Detail auf einem ansonsten unversehrten Plakat (die Partei erkennt wohl jeder), für das keine Einwirkung von außen verantwortlich war, sondern allein ein namenloser »Gestalter«. Was soll ich sagen? »Wenn der Markt die Laufweite regelt« war der erste Gedanke, der mir in den Sinn kam … 🙃 



Bei manchen Social-Media-Portalen gibt es die Möglichkeit für Verfasser, Textbeiträge und Bilder mittels »content warning« für sensible Betrachter vor dem gezielten Anklicken vorsorglich unkenntlich zu machen. LinkedIn bietet diese Option meines Wissens nicht, sonst hätte ich sie vielleicht genutzt … 🫣



Ich hoffe, Ihr verzeiht mir. 🤓 🔠 





( Schriftart: Futura Bold in 100% Magenta auf 100% Gelb bzw. Papierweiß.)

10.03.2025

Als typographisches Bonbon am Montag gibt’s heute eine Uhr. So kürzlich fotografiert bei schönstem Spätwinterwetter am Wegesrand während einer Besorgungstour in Hamburg-Wandsbek. Ich hatte den kleinen Vorteil, dass ich aufgrund der Schilder und Beschriftungen am Betriebsgelände schon wusste, wie das Unternehmen heißt, bevor ich die Uhr bemerkte. Insofern fiel es mir etwas leichter, den »Startpunkt« zu finden, bei dem ich zu lesen anfangen soll bzw. die zwei Wörter zu identifizieren, die nacheinander gelesen werden sollen.



Doch wenn jemand diese Vorkenntnisse nicht hat, braucht das Entschlüsseln des Zifferblattes und die Blickführung im Sinne des Absenders sicherlich mehr Zeit. Oder was sagt Ihr? 🤓 🔠 👀 🔄

07.03.2025

Diese Woche stammt das typographische Fundstück der Woche aus dem Umfeld eines Baumarkts in Berlin-Spandau. Eigentlich wollte ich nur kurz »reinspringen« und ein benötigtes Werkzeug erstehen, doch auf dem Weg von der Bushaltestelle über den Parkplatz zum Haupteingang fielen mir sofort einige in den Außenarealen und an verschlossenen Zugängen angebrachte, handgeschriebene (!) Schilder auf. Zwei davon habe ich dann nach meinem Einkauf auf dem Rückweg fotografiert.



Ich erinnere mich noch gut, dass in meinen Kindertagen in den 1970er-Jahren und bis gut in die 2000er hinein in vielen Geschäften noch mit dickem Marker auf Neonpapier für Sonderangebote und Aktionsware geworben wurde. Durch die würfelzuckergroßen, eckigen Filz-Schreibspitzen der Stifte ergab sich ein charakteristischer, saftig-kalligraphischer Duktus der Buchstaben und Ziffern, aber darüber hinaus ließ mich die Ähnlichkeit der Schriftzüge über Orte und Geschäfte hinweg schon damals vermuten, dass es speziell für diese Art des Schreibens geschulte Mitarbeiter in den Läden geben musste. Und ich frage mich: War bzw. ist das so? Oder wurde in der Belegschaft einfach nach den Mitarbeitenden mit der jeweils lesbarsten individuellen Handschrift gesucht und diese Person dann zum Schilderschreiben »rekrutiert«

Hier in diesem Baumarkt jedenfalls arbeitet offenbar ebenfalls noch jemand aus dieser schreibenden Zunft. Und zumindest mir geht es so, dass ich solche derart zu Papier gebrachten Botschaften anders wahrnehme als es bei einem 08/15-Digitalausdruck mit derselben Botschaft wäre. Ich »spüre«, dass hier vor dem Aushängen ein Mensch gedacht, formuliert, geschrieben und mit Schrift gestaltet hat. Und ich mag dieses Gefühl. 🤓 🔠 🖍️ 📃

Hier kommen noch ein paar historische Impressionen aus deutschen Supermärkten der 1960er bis 1980er … insbesondere die »Blutwurst« im letzten Foto ist wunderschön geschrieben (jetzt hör ich aber auf) 😅

🖼️ ➡️ https://edeka-kohler.de/wp-content/uploads/124812755_3651976848196489_4023700613385896214_n-scaled-e1620898875304-500×500.jpg

🖼️ ➡️https://asc-images.forward-publishing.io/2022/02/24/6168356d-ce19-4415-8c59-eac98b1f71ab.jpeg

➡️ https://www.lwl.org/marsLWL/de/instance/picture/Aus-den-Arbeiten-des-Fotoclubs-Rinkerode.xhtml

🖼️ ➡️ https://hoffmann-konrad.de/wp-content/uploads/edeka-hoffmann-konrad-baerbel-hoffmann-90er-768×480.jpg

🖼️ ➡️ http://www.edekaheumann.de/wp-content/uploads/Alter-Hauptmarkt-EDEKA.jpg

🖼️ ➡️ http://tikoblog.de/wp-content/gallery/cache/3252__650x490_suederraetsel_406a.jpg

➡️ https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/F4MTCWJ3CWVNKX2MOG4E7EOIRNZNXGNV

03.03.2025

Am heutigen typographischen Montagsbonbon bin ich im Laufe der letzten 3–4 Jahre sicherlich schon dutzendmal vorübergefahren. Aber erst letzte Woche bot sich Muße und Gelegenheit, in dem betreffenden kleinen brandenburgischen Dorf diesmal kurz mit dem Auto anzuhalten und den Schriftzug abzufotografieren. Ich habe keine Ahnung, wie alt die Beschriftung ist, was genau sich hinter der rostroten Tür verbirgt, welchen Zweck der Gebäudekomplex hat(te) – und vor allem: wo sich wohl »Trafo I« befindet. Aber die handgemalten Buchstaben gefallen mir und deshalb möchte ich sie hier gerne teilen. 🤓 🔠