verknallt in Schrift und Buchstaben

Monat: Mai 2024

31.05.2024

Etwas versteckt hinter dem modernen Teil des ehemaligen Potsdamer Hauptbahnhofs*, am Treppenzugang über eine Autobrücke, präsentierte sich das heutige »typographische Fundstück der Woche«, am Endpunkt einer Wanderung. Interessant fand ich insbesondere die Zweifarbigkeit – und natürlich die Frage, wohin sich wohl das m abgesetzt hat. 🤓



(* Heute heißt der Bahnhof »Potsdam Pirschheide«. Als »Potsdam Hauptbahnhof« war er zwischen 1960 und 1999 der wichtigste Personenbahnhof der Stadt.)



27.05.2024

Eigentlich poste ich ja meine »typographischen Fundstücke« immer nur freitags im Wochenrhythmus, aber diese Sichtung war einfach zu schön, unverändert so vorgefunden in einem Hauseingang meiner weiteren Nachbarschaft: 

»G zu verschenken (Futura Bold)«.



24.05.2024

Diese Woche präsentiere ich gleich neun typographische Fundstücke auf einmal und ausnahmsweise auch mal ohne langen erklärenden Text. Es sind beiläufige Schnappschüsse schöner oder interessanter Buchstabensichtungen, die ich während meines Pfingsturlaubs in den Kirchen und Gassen Regensburgs eingefangen habe. Es war mir wieder einmal ein Vergnügen, abseits meiner kulturellen und kulinarischen »Verpflichtungen« in dieser schönen historischen Stadt auf Fotosafari gehen zu können. 🙂 📸 🔠



17.05.2024

Und schon wieder ein typographisches Fundstück der Woche aus meiner Hamburger »Hood«. Ein Sushi-Imbiss hat geschlossen und ein Burger-Imbiss soll demnächst an gleicher Stelle eröffnen. Stylisch und modern soll es wirken, daher wählte der Inhaber (oder sein Grafiker) eine »Techno-Schrift« für das Logo – sehr wahrscheinlich einen der zahllosen kostenlos im Internet auffindbaren und oft von Hobby-Typographen gestalteten Fonts. Die auffallendste Besonderheit dieser Schrift ist, dass sie Teile der Buchstabenformen weglässt, die von Auge und Gehirn intuitiv ergänzt werden sollen. Im Namen, beim B, R und E, funktioniert das recht gut. In der Unterzeile hingegen ist der Schriftgestalter aus meiner Sicht einen Schritt zu weit gegangen, indem er das A bogenförmig verfremdete und zudem dessen Querbalken komplett wegließ. Zumindest ich las hier auf Anhieb »ENT LIKE N BOSS«. Hier erfolgt die formale Vervollständigung im Gehirn offenbar nicht intuitiv und augenblicklich, sondern nachträglich aufgrund der Erkenntnis, dass dieser falsch gelesene, unsinnige Wortlaut so nicht stimmen kann.



Es gibt andere populäre Beispiele, bei denen dieses Weglassen von Formelementen in den Wortmarken praktiziert wird, siehe im Bild MOIA (2) und KONICA MINOLTA (3). Allerdings geschah das hier etwas professioneller, indem z.B. für das vereinfachte A die klassische, oben spitz zulaufende Form gewählt wurde, sodass ein dachförmiges Λ übrig blieb. Da es keinen anderen lateinischen Buchstaben gibt, der dieser Form gleicht, lesen wir trotzdem ein A. Wird aber das Λ zusätzlich oben abgerundet, entsteht eine Form wie ein auf dem Kopf stehendes U, die einem kleinen n viel ähnlicher sieht als einem großen A – und so wird der Buchstabe von den wohl meisten Menschen falsch gelesen.



Auch die Wortmarke des Science-Fiction-Blockbusters DUNE (4) nutzt diese Formspielerei des Weglassens, hier mit einer abgerundeten Buchstabenform für das große E. Allerdings war der Designer hier so schlau, ein Element hinzuzufügen, das den Mittelstrich des E andeutet, sodass niemand fehlgeleitet wird und womöglich DUNC läse statt DUNE. Und auch in diesem Schriftzug findet sich das Zeichen eines kopfstehenden U, das hier jedoch korrekt als N genutzt und gelesen wird.



Die Schrift des Burger-Imbiss’ nutzt im großen O einen zentrierten Punkt als Schmuckelement. Hätte der Schriftdesigner den gleichen Punkt in sein vereinfachtes A eingefügt, würde das Zeichen vermutlich eher als ein A gelesen. In Abb. (5) habe ich das einmal simuliert.

Was kann man daraus lernen? Ich denke, erstens: in der Typographie können oft Kleinigkeiten einen großen Unterschied machen und zweitens: Es lohnt sich eigentlich immer, lieber eine von professionellen Schriftgestaltern entworfene Schrift für das eigene Logo zu lizenzieren. 😉



10.05.2024

Das Fundstück von heute stammt ebenfalls wieder aus dem direkten Umfeld meines Wohnviertels. Wer noch die Ära der Röhrenfernseher erlebt hat, erinnert sich sicherlich, wie wichtig ein Fernseh-Reparaturdienst damals war, wenn das geliebte und oft genutzte Gerät kurz vor einer sehnsüchtig erwarteten Sport- oder Krimi-Ausstrahlung den Geist aufzugeben drohte. Der Fernsehmechaniker, der nach dem »Notruf« dann schnellstmöglich zum Hausbesuch vorbeikam, war der Superheld der geretteten Abendunterhaltung.



Auch in Berlin sehe ich oft von der südlichen Ringbahnschleife aus am Tempelhofer Feld ein großes Werbemotiv für Jäger, den ehemals größten Fernsehreparaturdienst der Hauptstadt, an einer der Häuserwände neben der Bahntrasse: »Fernsehkummer? Jägernummer!«. Diese Zeiten sind inzwischen vorbei. Die heutigen und günstigeren Geräte haben eine weniger anfällige Technik, aber auch eine insgesamt kürzere Nutzungsdauer. Ist das preiswerte Gerät defekt, wird oft gleich ein neues angeschafft, anstatt es reparieren zu lassen – sofern eine Reparatur der oft fest verklebten Elektronik überhaupt möglich ist.

Das Einsatzfahrzeug im Bild samt seiner Beschriftung stammt wohl ebenfalls noch aus dieser glorreichen Röhrenfernseher-Ära, denn der abgebildete VW Transporter T3 wurde von 1979 bis 1992 produziert. Besonders gefällt mir neben der Farbkombination grün-gelb die dynamische Schreibschriftzeile mit ihrer ungewöhnlichen, oben offenen »e«-Form. Ich habe das Fahrzeug digital ein wenig aufpoliert, um dem früheren Glanz Rechnung zu tragen. 😉 


Das Elektrogeschäft existiert übrigens nach wie vor (Update, 30.08.2025: Es hat Ende August 2024 geschlossen – der Inhaber ist in den Ruhestand gegangen), ein klassischer kleiner Einzelhandelsladen mit reich bestücktem Schaufenster und einem Angebot vom Radio übers Bügeleisen bis zum Gefrierschrank. In Zeiten von Media Markt und Online-Elektronikshops eine kleine Rarität.



VW Transporter T3: 


➡️ https://de.wikipedia.org/wiki/VW_T3

Gedenkseite für den Fernsehdienst Jäger:


➡️ https://www.jaeger-fernsehdienst.de/

03.05.2024

Als Hamburger mit Zugriff auf den gut getakteten ÖPNV besitze ich kein Auto und lege meine Wege innerhalb der Stadt zu Fuß, mit dem Rad oder Bus & Bahn zurück. Meine Erfahrung daraus ist: Ich sehe dadurch mehr von der Stadt, was mir auf Autofahrten entgangen wäre. Fahrten mit dem Auto innerhalb der Stadt sind meiner Meinung nach viel stärker fokussiert auf Start- und Zielpunkt. Auf der Wegstrecke von A nach B muss man sich als Fahrer auf den Verkehr konzentrieren oder beschäftigt sich anderweitig durch Musikhören oder Gespräche mit Beifahrer*innen. Ein Parkplatz wird meist möglichst nah an der Anfangs- und Endposition gesucht, sodass längere Fußwege zwischen Fahrzeug und Destination meist entfallen. Die Fahrstrecke an sich ist oft ein nebensächliches, notwendiges »Übel«.



Beim Radfahren und insbesondere beim zu Fuß gehen habe ich eine ganz andere Wahrnehmung. Ich bewege mich mit gemächlicherem Tempo, habe mehr Gelegenheiten zum Betrachten der Umgebung und mehr Muße, die zurückgelegte Strecke selbst als Teil meines Weges zu erleben. Ich kann auch mal in Sackgassen, auf Schleichwege, schmale Gassen und Seitenstraßen ausweichen und komme an Orten vorbei, die mir mit dem Auto nicht zugänglich wären oder verborgen blieben. Das gefällt mir.



Auf einem kleinen Einkaufsstreifzug in der Mittagspause entdeckte ich so fußläufig die beiden »Typographischen Fundstücke« dieser Woche: die Sockelbeschriftung der Brücke am »Ring 2« über die Fuhlsbüttler Straße (die Graffiti wurden zugunsten des Fokus auf das Hauptmotiv entfärbt) und eine Gebäudebeschriftung oberhalb eines durchfahrbaren Portals in einem Wohnblock.



Auch dafür kann »Entschleunigung« im Alltag gut sein. 🙂 🔠