verknallt in Schrift und Buchstaben

Monat: Januar 2024

31.01.2025

Den beiden heutigen typographischen Fundstücken der Woche würde ich den Namen »Lese-Challenge« geben. Das erste stammt aus Berlin-Treptow und die en-passant-Qualität des Fotos macht eine eindeutige Identifizierung der Schrift nicht ganz leicht, aber anhand des S würde ich sagen, es ist die »Akzidenz Grotesk Bold« – eine Verwandte der »Helvetica«, aber deutlich älter. Die erste Version der Akzidenz Grotesk der Schriftgießerei H. Berthold AG erschien bereits 1898, während die Helvetica (unter diesem Namen) erst 1961 das Licht der Welt erblickte.



Ein weiteres Bildmotiv aus der gleichen herausfordernden Kategorie sah ich kurz darauf im Vorbeifahren im brandenburgischen Städtchen Stölln, allerdings ohne die Gelegenheit, ein Foto zu machen. Doch tatsächlich ist das erspähte Schild auch bei Google StreetView dokumentiert.



➡️ https://t1p.de/marmeladenschild

Die am Straßenrand so kryptisch feilgebotenen süßen Brotaufstriche werden übrigens beworben mit der Schriftart »ITC Souvenir«. Sie erschien unter diesem Namen Anfang der 1970er Jahre und war die erweiterte Neuauflage einer Schrift, die bereits 1914 von Morris Fuller Benton entworfen wurde. Die neue Version des Designers Ed Benguiat, mit zusätzlichen Stilen und einer Kursivschrift, war mit ihren weichen, nostalgischen Formen in den 1970er Jahren extrem populär. Im MS-Office-Paket findet man sie noch heute im Schriftmenü unter dem Namen »Jasmine UPC«. 🤓 🔠 🙂



Akzidenz Grotesk:


➡️ https://de.wikipedia.org/wiki/Akzidenz-Grotesk

Helvetica:


➡️ https://www.pixartprinting.de/blog/geschichte-schrift-helvetica/



(ITC) Souvenir:


➡️ https://en.wikipedia.org/wiki/Souvenir_(typeface)



Jasmine UPC:


➡️ https://www.myfonts.com/de/collections/jasmine-upc-font-microsoft-corporation

26.01.2024

Das Fundstück der Woche ist diesmal »brandneu«, es wurde am vergangenen Sonntag in der Hamburgischen Staatsoper entdeckt. Ein wunderschön schlichtes Metall-Emblem, das sich im Treppenhaus in jeder Etage auf den Abdeckblenden der Verschläge zur Brandbekämpfung befindet. Da das Gebäude der Staatsoper erst 1955 erbaut wurde, bezieht sich das Datum auf der Metalleinfassung vermutlich auf den Handwerksbetrieb, der die Installation vornahm.

19.01.2024

Das typographische Fundstück der Woche ist diesmal ein vom Bildschirm abfotografiertes Standbild aus dem Vorspann von »Star Wars: Episode I – Die dunkle Bedrohung« aus dem Jahr 1999. Daran kann man sehr schön sehen, dass Typographie nicht nur bedeutet, wie die Formen der einzelnen Buchstaben aussehen, sondern auch, wie Gruppen von Buchstaben, Wörtern, Zeilen und Absätzen beim Formatieren zu einem besser oder schlechter lesbaren Text angeordnet werden.



Generell ist der sogenannte »Blocksatz« eine anspruchsvollere Art, Texte zu gestalten, denn durch die fixe Zeilenbreite sind erstens häufigere Worttrennungen erforderlich (wenn ein längeres Wort nicht mehr komplett in die Zeile passt) und zweitens müssen oft die Abstände zwischen den Wörtern oder auch zwischen den Buchstaben verkleinert bzw. vergrößert werden, um eine Zeile mit nicht exakt passender Textmenge auf die vorgegebene Breite zu strecken oder zu stauchen. All diese Kunstgriffe bergen ein großes Risiko, dass Texte dadurch unansehnlich und/oder schlechter lesbar werden, da zu viele auffällige Lücken, Stauchungen oder Trennstriche das Auge irritieren. Deshalb ist bei Blocksatz ein gewisses typographisches Feingefühl von Vorteil.



Man sollte meinen, dass bei einem Blockbuster wie diesem, der mit einem Produktionsbudget von 115 Mio. US-Dollar realisiert wurde und bis heute weltweit über eine Milliarde US-Dollar eingespielt hat*, etwas Geld in der Kasse vorgesehen wäre, um für die Umsetzung der deutschen Titel einen visuell hinreichend einfühlsamen Gestalter anzustellen. War aber dann doch wohl entweder zu teuer – oder es musste gewährleistet bleiben, dass Darth Vader auch mit seinem riesigen Imperialen Sternzerstörer-Raumschiff noch bequem durch die Lücken im Text fliegen kann … 😉



Die englische Version ist tatsächlich etwas weniger löchrig gesetzt:


➡️ https://www.youtube.com/watch?v=LZtkDf8VRbw&t=27s



* Quelle der Zahlen:
➡️ https://www.boxofficemojo.com/title/tt0120915/?ref_=bo_cso_table_48

05.01.2024

Das heutige Fundstück ist diesmal ein Link zu einem interessanten (bebilderten) Posting des Historikers und Buch-/Kommunikationswissenschaftlers Daniel Bellingradt auf der Social-Media-Plattform Mastodon. Darin kann man sehen, wie in den Kindertagen des Buchdrucks z.B. bei Kapitelanfängen auf den gedruckten Buchseiten Platz gelassen wurde für die später von Hand eingefügten, kunstvoll gezeichneten großen und oft farbigen Initalen. Damit der Künstler wusste, welchen Buchstaben er jeweils einzufügen hatte, wurde dieser oft als kleine einzelne Letter an der leeren Stelle vorgedruckt. Wieder was gelernt!


Post by @dbellingradt@historians.social
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