verknallt in Schrift und Buchstaben

Monat: Dezember 2023

29.12.2023

Das heutige Fundstück stammt diesmal vom 25. Mai 2017 und soll angesichts des bevorstehenden Jahreswechsels ein wenig freundliche Stimmung verbreiten und zum Nachdenken über den Umgang miteinander in der Gesellschaft anregen. Ich fände es schön, wenn 2024 ein Jahr würde, in dem die Menschen nicht nur nett zu den Pflanzen (und Tieren) wären, sondern auch wieder netter zueinander. Wo Meinungsverschiedenheiten kein Grund sind, Mauern und Gräben zu ziehen oder gar Andersdenkenden mit Gewalt und Mord zu drohen, sondern Verständigung zu suchen. Wo Hilflosigkeit, Krankheit und Armut kein Anlass für Häme und Ausgrenzung sind, sondern für Empathie, Solidarität und Hilfsbereitschaft. Wo Unzufriedenheit mit der Politik nicht zum Verlassen des demokratischen Weges führt, sondern zu positivem, zukunftsorientiertem und nachhaltigem Aktivismus, auch abseits der Parteien. Wo Vielfalt und Teilhabe nicht als Bedrohung gesehen werden, sondern als Chance. 



Es wäre mal wieder Zeit für ein Jahr, an dessen Ende wir gerne zurückblicken.



22.12.2023

Das Motiv zum Weihnachtsfest ist diesmal kein Zufallsfund, sondern eine Serie von 10 »Architektur-Schnappschüssen«, die ich während einer kleinen Fotosafari durch Hamburg gesammelt und zu einem Festgruß kombiniert habe. Ich wünsche allen Mitlesern meiner kleinen Rubrik hier schöne Weihnachtstage und ein paar erholsame Tage abseits von Office, Business und Terminen! 🎅🎄🎁👼🍽🍷🍀

15.12.2023

Das typographische Fundstück ist heute ein Foto aus der Kategorie »Überlebende«. Wenn eine zeittypische historische Beschriftung an einer Fassade ihren einstigen Urheber überdauert, verbleibt an dieser Stelle nicht nur ein nostalgisches Relikt der vergangenen Blütezeit eines Ortes oder Unternehmens, sondern – durch die inzwischen neue Belegung des Gebäudes mit komplett anderen Unternehmen, Geschäften, Mietern oder Bewohnern – auch ein manchmal surrealer bis amüsanter Widerspruch aus »Titel« und »Inhalt«. In diesem Gebäude in Hildesheim z.B. befindet sich unter dem Dach des einstigen Reformhauses mittlerweile – ein Kiosk.



08.12.2023

Das heutige Fundstück stammt diesmal aus Berlin, wo ich mich häufig aufhalte und bei der An- und Abreise jedes Mal am Treptower Park am Portal des »Sowjetischen Ehrenmals« vorbeikomme. Die deutsche Version der dortigen Inschrift weist – mal völlig abgesehen von den politischen und zeitgeschichtlichen Aspekten des Bauwerks, seiner Errichtung sowie dem Wortlaut und Inhalt der Inschrift – zwei typographische Details auf, die mir jedes Mal auffallen.

Eigentlich gehören in Stein gemeißelte Inschriften mit zu den langlebigsten Arten, die es gibt, um schriftliche Botschaften zu hinterlassen und somit auch, einem Text typographisch Form zu geben. Da ist es im Allgemeinen üblich, dass sich die Urheber und ausführenden Steinmetze besondere Mühe geben, die Schrifttype sorgfältig auswählen, vielleicht sogar eigens eine Schriftart entwerfen, die Zeilen und Buchstaben ästhetisch anordnen, auf Abstände achten und den Zeilenumbruch behutsam takten. Denn das, was dort eingraviert wird, wird meist noch nach Jahrzehnten von nachfolgenden Generationen zu lesen sein.



Hier jedoch wurden die Lettern des Wortes UNABHÄNGIGKEIT, um noch in die Zeile passen zu können, fast brachial zusammengeschoben und in der folgenden Zeile sogar – was bei gemeißelten Texten meines Wissens eigentlich als Fauxpas gilt – das Wort HEI-MAT in der Mitte getrennt und in eine neue Zeile umbrochen.



Ich frage mich, was wohl der Grund dafür war. Hast oder Zeitdruck bei der Anfertigung? Unkenntnis, Unwille, Gleichgültigkeit oder Unvermögen? Eine Order »von oben«, der nicht zu widersprechen war?

Vielleicht kann ja einer der Leser hier noch Details zu diesem vermeintlichen handwerklichen Makel beitragen oder womöglich gibt es ja auch anderswo noch steinerne Inschriften, in denen ohne Bedenken Worte getrennt oder ähnlich grenzwertig spationiert wurden.

01.12.2023

Das typographische Fundstück der Woche begegnete mir diesmal ursprünglich auf dem Social-Media-Portal Mastodon. Es war eine alte Zigarettenreklame der Münchner Marke »Zuban« aus dem Jahr 1950¹ und mein Auge blieb sofort an den famosen Buchstabenformen hängen: das alte Lang-s, das kleine r mit dem schwebenden Punkt und vor allem das wunderschöne verschlungene w. Die Schriftart erinnert frappant an die schmale Type der Konkurrenzmarke Marlboro, deren Siegeszug allerdings erst Mitte der 1950er Jahre begann.



Bei der Recherche nach anderen Werbemotiven der Marke fanden sich dann weitere Varianten der Reklame und des Slogans, zumeist in rot-weißer Farbgebung². Das lange s wurde später offenbar ersetzt durch ein herkömmliches. In der Schreibweise unten im Bild ist es zumindest noch im »gestern« erhalten, dazu ein elegantes Anführungszeichen am Ende.


Um das Jahr 1960 verlieren sich die Spuren der Marke im Internet, vermutlich weil Konzerne wie Reemtsma und Philip Morris begannen, den Tabakwarenmarkt auch in Deutschland zu dominieren.

1 ➡️ https://mastodon.social/@die_reklame/111453697743969485

2 ➡️ https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/LLYK6HQYS3V76D2DMIZNYRIV6VUXEMSL