Kleiner typographischer Lapsus in der Netflix-Serie »The Queen‘s Gambit«: die Schriftart »Avant Garde«, die für die Banner des gezeigten Schachturniers 1966 in Mexiko City genutzt wurde, erschien tatsächlich erst 1970. 🙃
Nachdem mir durch mein kürzliches Posting vom 15.05.2023 die Buchstaben-Lücke meines wiederentdeckten Alltagsgegenstände-Alphabets wieder bewusst wurde, habe ich sie nun geschlossen und in der Hamburger City die fehlenden Lettern B, L und U fotografiert. Zwar digital geknipst, nicht wie seinerzeit analog – aber komplett ist komplett. 😁 🔠
Ab und zu fallen mir im Alltag Designs auf, die wie ein Fels in der Brandung alle Trends, Hypes, Moden über viele Jahrzehnte unverändert zu überdauern scheinen. Ein Beispiel dafür ist diese papierene Obst-/Gemüsetüte, die man bei stationären Händlern oder auf Wochenmärkten in Deutschland immer wieder überreicht bekommt und an die ich mich schon gefühlt ewig erinnern kann. 🍇🍍🍎🍒
Ich finde es schön, dass es so etwas gibt. Zu gerne wüsste ich, wer (und wann?) der Grafiker oder die Grafikerin war, der dieses Motiv einst gestaltet hat. Vermutlich hat er/sie sich nicht träumen lassen, dass dieses Tütendesign im Jahr 2023 immer noch im Umlauf sein wird, wenngleich mit angepasster Rechtschreibung beim »Esst« (im Originalmotiv stand »Eßt«). Und wie wurde der Entwurf seinerzeit vergütet? Mit einer Einmalzahlung – oder mit wiederholten Nutzungsvergütungen für jede der zahllosen Neuauflagen? Vermutlich wohl eher ersteres. Bleibt zu hoffen, dass der oder die Künstler*in damals mehr für seine Arbeit bekommen hat, als in diese Tüte passt und nicht bloß »einen Appel und ein Ei« … 😉 🎨 💶
Bis gestern befand ich mich für einige Tage im Urlaub auf der schönen dänischen Insel Bornholm und das brachte mich auf den Gedanken zu diesem Posting.
Denn seit ich Ende der 1990er-Jahre erstmals während eines Urlaubs in Dänemark mit dem Zug fuhr, bin ich verliebt in das »Danish g«. Diese ganz besondere Formgebung des kleinen ›g‹ ist nämlich Bestandteil der exklusiven Hausschrift »Via« der dänischen Eisenbahngesellschaft DSB (Bild 1) und damit präsent auf sämtlichen Beschilderungen und Anzeigetafeln an dänischen Bahnhöfen. Die in Kopenhagen ansässige Agentur Kontrapunkt schrieb zu ihrer damaligen Schriftgestaltung:
»The open loop of the ›g‹ is derived from the Danish signage tradition. The feature arose from the simple need to use the available space on a sign the best possible way.« 🇩🇰☝️
Und tatsächlich ist dieses spezielle ›g‹ auf etlichen lokalen Straßenschildern zu finden, wenn man ein wenig danach sucht, aber auch in aktuellen Logos erfreut sich dieser charakteristische Kleinbuchstabe nach wie vor großer Beliebtheit (Bild 2). Ein Vorkommen begegnete mir sogar weitab des dänischen Ursprungs in der Inschrift eines historischen Grabmals auf dem Friedhof St. Sebastian in Salzburg (Bild 3)! 😲🇦🇹
In jüngster Zeit kamen nun (endlich!) auch einige Computerfonts auf den Markt, die das »Danish g« in ihren Zeichensatz aufgenommen haben. Die Schriftarten heißen z.B. Dane, Syne, Gingar, Regave, Lufga, Batory oder Egon und ich finde es großartig, dass diese famose Form nun über Dänemark hinaus größere Verbreitung findet. 🤩🔠
Inzwischen hat sogar ein Kunde unserer Agentur biike – die Renneberg Wirtschaftskanzlei – unseren Designvorschlag angenommen, die eigene Wortmarke mit diesem besonderen ›g‹ gestalten zu lassen, was mich ganz besonders freut. Denn es sieht nicht nur gut aus und passt perfekt zu dem auf ›g‹ endenden Namen des Unternehmens, sondern sorgt auch für eine wunderbar unterschwellige Weise für eine hohe Wiedererkennbarkeit. Win-win! 👍😀
Neulich in einem Schrankfach uralte analoge Fotos von mir wiedergefunden: ein Alphabet aus zufälligen Alltagsmotiven. B, L und U fehlen, ob verschollen oder ausstehend, ist unklar.
Inspiriert dazu hatte mich seinerzeit das Cover des Albums »In Visible Silence« von Art Of Noise.
Bestimmt kennt jeder aus Kindertagen noch das Gedächtnisspiel »Memory« – man musste sich nach dem Aufdecken einer Karte erinnern, wo auf dem Spielfeld man zuvor das passende gleiche Gegenstück aufgedeckt hatte. 🤔❓
Eine Variante davon ist mein typographisches Gedächtnisspiel »Wo nur habe ich dieselbe Schrift schon mal gesehen?«. Es gibt zwar mittlerweile zehntausende verschiedener Schrifttypen, aber einige besonders auffällige oder unverwechselbare bleiben dennoch im Gedächtnis hängen – zumindest bei mir. 🧠 😬
Das kurioseste »Memory-Paar«, das ich bislang entdecken konnte, ist unten im Bild zu sehen: Müslicerealien und Erotikschmonzette. Tatsächlich wurden beide Schriftzüge mit der gleichen Schriftart gesetzt. Sie war in den 70er-Jahren sehr populär und trägt den Namen »Goudy Fancy«. Wer das ganze Alphabet ansehen möchte, kann dies unter dem nachfolgenden Link tun:
Kennen Sie »geschlossene Punzen«? Das ist der typographische Fachbegriff für die umschlossenen, nicht mitdruckenden Innenflächen in manchen Buchstaben oder Zeichen, z.B. a, b, d, e, g, o, p, q.
Im Alltag fallen mir immer wieder an prominenter Stelle Beschriftungen auf, bei denen diese Punzen versehentlich »verrutscht« sind. Der Grund dafür ist sehr wahrscheinlich, dass während der Gestaltung oder Produktion am Computer die vektorisierten Zeichenpfade des Schriftzuges skaliert oder bewegt wurden und dabei der Zeichenpfad eines oder mehrerer dieser Innenräume nicht mit angeklickt wurde. Den meisten flüchtigen Betrachtern fällt das selten auf, aber ich dokumentiere solche Entdeckungen gerne für meine Sammlung typographischer Kuriositäten.
Hier ein Beispiel aus Düsseldorf (Screenshot aus einem Video) und zwei aus Hamburg (selbst geknipst).
»Entschuldigen Sie – Ihre Punzen sind verrutscht.« 😉