verknallt in Schrift und Buchstaben

Kategorie: Kuriositäten (Seite 1 von 8)

Ob absichtlich oder ungewollt, so manches Fundstück hat bisweilen eine skurrile, schräge oder amüsante Anmutung bei der Botschaft oder Gestaltung. In dieser Kategorie sammle ich allerlei solcher Beispiele.

25.08.2025

Das typographische Montagsbonbon kommt heute wieder aus der Rubrik »Do-It-Yourself-Typographie« und ich erspähte es an einem Regionalbahnhof auf der Fahrt aus Brandenburg nach Hamburg. Toller Farbkontrast und eine dem Wetter folgende, lockende Botschaft. Da fallen die kleinen Kanten und Lücken in den Buchstaben gar nicht mehr so ins Gewicht … 😉 🤓 🔠 ☕ 🧊

15.08.2025

Das typographische Fundstück der Woche ist erneut ein Logo. Es gehört zu einer kleinen Kopenhagener Craft-Beer-Brauerei, in der ich während der vergangenen drei Urlaubs-Auftakt-Tage meinen »Sundowner« genoss. Das Logo gefällt mir nicht nur aus ästhetischer Sicht sehr, ich finde es überdies auch faszinierend (zumindest geht es mir so), dass ich es korrekt als GAMMA lese, obwohl die Anzahl der »Wellen«, die zur korrekten Darstellung von zwei M eigentlich erforderlich wären, nicht stimmt. Eigentlich müssten es vier Wellenberge/M-Spitzen sein (GAΛΛΛΛA), es sind aber nur drei. Doch irgendwie verschmelzen die Bögen für mich beim Betrachten harmonisch zu zwei gelesenen M.



Und ich schwöre: Das war schon vor dem ersten Bier so. 😉🍺🤓🔠🤞

04.08.2025

Das heutige typographische Montagsbonbon stammt aus meiner Schnappschuss-Ausbeute während eines Aufenthaltes in Stralsund im Juni diesen Jahres. Besonders gefiel mir an dem Schild die spürbar »loriot-eske« Formulierung »Für die Dame, für den Herren, für das Kind«. 😄 



Die Schriftart, in der die zweifarbigen Texte auf dem rustikalen Holzschild aufgebracht sind (vermutlich über Stempel oder Schablonen), mag dem Einen oder Anderen irgendwie bekannt vorkommen. Ihre Ursprünge liegen über 100 Jahre zurück und doch ist sie in all ihren Varianten bis heute eine beliebte Wahl, vor allem für Anwendungen mit leicht nostalgischem, historischen oder traditionsbehaftetem Kontext wie Tabakwaren, Flohmärkte, Trödelläden, Spirituosen, Museen, Antiquitäten o.ä.



Die »Originalversion« der Schrift mit dem Namen »Bernhard Antiqua Schmalfette« wurde vom Schriftgestalter Lucian Bernhard 1911/12 als einer von mehreren Schriftschnitten der »Bernhard Antiqua« für die deutsche Schriftgiesserei Flinsch entworfen, welche 1916 vom Konkurrenten Bauer aufgekauft wurde. In den folgenden Jahrzehnten entstehen – auch unter verschiedenen Namen wie Bernhard Antique, Bernhard Bold Condensed oder Bernard Condensed (mit und ohne h) und von mehreren Schriftenhäusern, u.a. Elsner+Flake, Letraset, Linotype/Adobe/Monotype, Scangraphic oder URW – zahlreiche Neuschnitte und Varianten dieser Schriftart, die jedoch alle deren Ursprung in den organischen Formen des Jugendstils wahren. Sie eignet sich aufgrund ihrer Schlankheit und Eigenständigkeit gut für den großformatigen Einsatz auf eng begrenzten Gestaltungsflächen, wie Album-/Buchcover, Werbeplakate oder eben Firmenschilder.



Unter dem Namen Bernard MT ist die Variante, die auch für das fotografierte Schild genutzt wurde, seit 1993 im lizenzierten Schriften-Set des Microsoft Office Pakets enthalten. Sie unterscheidet sich vom Original vornehmlich durch ihre deutlich weniger gerundeten Formen und eckigeren Serifen. Was noch auffällt, ist, dass einige der Großbuchstaben am Wortanfang von den Urheber*innen des Schildes »zu groß« angelegt sind (bei »Für« z.B. ist die Versalhöhe korrekt, bei »Dame«/»Herren«/»Kind« deutlich erhöht). Nennen wir es künstlerische Freiheit … 😉 🤓 🔠 



Kurzportrait von Lucian Bernhard (PDF) beim Klingspor-Museum: 


➡️ https://www.klingspor-museum.de/KlingsporKuenstler/Schriftdesigner/Bernhard/LucianBernhard.pdf

Anwendungsbeispiele der Schrift auf der Website »Fonts In Use«:
➡️ https://fontsinuse.com/typefaces/42235/bernhard-antique

01.08.2025

Das heute gepostete typographische Fundstück der Woche – eigentlich sind es zwei – widmet sich heute dem Thema »Verbotsschilder«. Wer kennt sie nicht, die unzähligen – sicher zumeist berechtigten und sinnvollen – Schrifttafeln, etwa auf Privatgrund am Straßenrand (»Parken verboten! Unberechtigt parkende Fahrzeuge werden kostenpflichtig abgeschleppt!«), in Grünanlagen (»Rasen betreten verboten!«) oder an Baustellenzäunen (»Betreten der Baustelle verboten! Eltern haften für ihre Kinder!«). Unser Alltag ist voll von Schildern, Plaketten, Zetteln und Aufklebern, die uns Dinge verbieten, entweder, weil es gesetzwidrig ist, weil wir ansonsten unsere oder fremde Gesundheit, Leben oder Sachwerte gefährden oder einfach, weil jemandem dies missfällt. Meistens sind die Schriften auf Verbotshinweisen fett, groß und massiv. Es wird nicht gespart mit Ausrufezeichen oder harschen Formulierungen, bisweilen schreien einen die Hinweise ausschließlich in Großbuchstaben an und neben sattem Schwarz werden auch gern Signalfarben wie Rot oder Gelb hinzugezogen.



Im Abstand mehrerer Monate habe ich jedoch zwei Verbotsschilder fotografiert, die beide etwas anders machen. Das erste begegnete mir kürzlich auf einem Kirchhof in Greifswald und richtet sich vermutlich an Eltern und deren Kinder, die sich von dem berankten Eisengitter, an dem das Schild hängt, zum Klettern animiert fühlen. Ich mochte den freundlichen Tonfall des Schildes ebenso wie das Material und die handgeschriebenen Schriftzüge. Die Botschaft wird deutlich ausgesprochen, aber bietet Anlass zu einem Schmunzeln.



Das zweite Schild knipste ich vergangenen März in Kopenhagen. Dass es um Fahrräder geht, war mir klar, aber ich ließ es mir nachträglich komplett übersetzen und dort steht sinngemäß »Widerrechtlich abgestellte Fahrräder werden entfernt«. Ohne Ausrufezeichen und mit einem hübsch verschnörkelt gestalteten Substantiv am Anfang. Mir sagt diesen Schild, dass die Person, die es anbrachte, prinzipiell gut gelaunt ist, es sei denn, die angesprochenen Radfahrer setzen sich über dieses Verbot hinweg.



Vielleicht habt Ihr ja auch schon mal witzige, schöne oder anderweitig besondere Verbotsschilder gesehen, dann würde ich mich freuen, davon zu erfahren. Mein All-Time-Favorit war einst (leider ohne Foto) eine Messingplakette über der Toilette in einem britischen Ferienhaus. Wo über einem deutschen Klo zu lesen wäre »Keine Abfälle, Binden oder Hartpapier in das WC werfen!« stand dort »Please don’t put anything down this toilet that hasn’t been eaten first«. Very british. 🤓 🔠

28.07.2025

Heute kommt das typographische Montagsbonbon zwar nicht erneut aus dem Keller, aber wir bleiben in der Gegend, in der sich das Haus und der Keller befinden. Bei einigen Ausflügen fielen mir an den Ziegelwänden der älteren Wohn- und Bauernhäuser hier die »Signaturen« der früheren Ziegeleien auf, die alle paar Meter in einzelne Steine eingeprägt sind. Offenbar befanden sich in der Ortschaft Kuhlhausen in Westbrandenburg und in Rathenow ehemals mindestens zwei dieser Betriebe, mit denen dann im Umland die lokalen Gebäude errichtet wurden. 



Besonders markant fand ich im ersten Foto die Formgebung des kleinen g, erinnert doch das aufrecht stehende »Fähnchen« mitten auf dem Kopf des Buchstabens frappant an das gleiche Charakteristikum, das mir in einem älteren Posting zu Straßenschildern in einem historischen Seemannsviertel aufgefallen war. Bemerkenswert sind aber auch die fehlenden Serifen an der Basis des kleinen l, man könnte fast schon meinen, die Firma Siggel hätte damals schon so etwas wie ein eigenständiges »Logo« besessen. Das Herstellungsdatum des Ziegels im ersten Bild liegt etwa zwischen 1885 und 1910 (der Dauer der Geschäftstätigkeit der Ziegelei Siggel), das passt auch zum Baujahr des betreffenden Hauses – 1890.



Natürlich enttäuscht das Internet auch bei diesem Thema nicht und stellt einen interessanten Beitrag zu den sog. »Ziegelstempeln« aus der Region bereit:
➡️ https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_Rathenower_Ziegelstempel

Nun bin ich gespannt, ob ich demnächst noch weitere dieser Reliefprägungen hier in der Gegend finden werde … 🤓 🔠 🙂 🧱

21.07.2025

Vier Tage hat es gedauert, den Keller des Hauses zu »entrümpeln«, etliche Boxen und Kartons harren nun ihrer recyclinggerechten Entsorgung. Aber man sieht hinterher sehr schön, was geschafft wurde, es herrschen wieder System, Ordnung und kellergemäße Sauberkeit.



Ein zweites wunderschönes Fundstück, nach den Rasierklingenbriefchen vom letzten Montag, ist diese »Vintage-Verpackung« einer Autoscheinwerfer-Glühbirne mit ihrer klaren, farblich sehr ansprechenden typographisch-illustrativen Gestaltung. Der Typ der dargestellten Birne, das zeigen Fotos weiterer Schachteln im Internet, entsprach dabei immer dem inliegenden Produkt. Die Schriftart im oberen Teil der Schachtel erinnert stark an die »Futura«, aber das besondere S, das fast wie ein gespiegeltes Z aussieht, sowie die abweichenden Winkel beim G und C ließen mich weiter recherchieren. Die beste Übereinstimmung fand ich bei der »Erbar Bold«, die zwischen 1922 und 1930 vom deutschen Grafikdesigner Jakob Erbar für die Schriftgießerei Ludwig & Mayer gestaltet wurde. Auch Erbars Schrift »Phosphor« weist ähnliche Formmerkmale auf.



Ähnliche Schachteln werden im Internet leer (!) für 10 EUR gehandelt, mit funktionsfähigen Leuchtmitteln befüllte Packungen finden sich auf Angebotsseiten für Oldtimerbedarf, je nach Glühbirnentyp, für bis zu 100 EUR. Konkrete Angaben zum Datum der Herstellung konnte ich nicht finden, der Ursprung war lediglich vage einzugrenzen auf »1950er bis 1970er Jahre«.

Eine Recherche ergab: Die Herstellerfirma existiert nach wie vor. Gegründet 1947 unter dem Namen »Speziallampenfabrik Dr. Günther Fischer« firmiert sie mittlerweile als »Dr. Fischer Gruppe« mit acht zugehörigen Unternehmen und etlichen Standorten, u.a. in Hong Kong, Seoul, Alpignano (Italien), Pont-à-Mousson (Frankreich) und Diez (Deutschland).



Ich hebe die Schachtel (samt Inhalt) natürlich als kleines Museumsstück sorgsam auf! 🤓 🔠 💡



Font »Erbar Bold«:
➡️ https://www.myfonts.com/de/products/bold-erbar-334070

Font »Phosphor«:
➡️ https://www.myfonts.com/de/collections/phosphor-font-monotype-imaging

14.07.2025

Dort, wo ich das letzte Wochenende verbrachte, regnete es am Samstag in einem fort und am Sonntag den größten Teil des Tages. Also beschloss ich, den lang gehegten Plan in Angriff zu nehmen, den Keller des Hauses aufzuräumen, in dem sich noch das komplette Inventar des Vorbesitzers befindet, unter anderem eine komplett ausgestattete Werkstatt für alle Arbeiten, die rund um Haus und Hof anfallen. In Kisten, Regalen, Schränken und Schubladen türmten sich Werkzeuge, Schrauben, Nägel, Muttern, Scharniere, Haken, Dübel, Schellen und alle Arten  weiterer Eisenwaren. Nun ist die Werkstatt gesichtet, sortiert, ausgemistet und gereinigt und einer von vier Kellerräumen kann von der To-Do-Liste gestrichen werden.



Viele der Gegenstände, die ich in Händen hielt, waren sicherlich Jahrzehnte alt, aber nach wie vor sauber und funktionstüchtig. Und auch typographisch gab es auf alten Farbdosen, Schraubenpäckchen oder Werkzeugetiketten allerlei Spannendes zu entdecken.



Am besten gefielen mir diese drei außen wie innen tadellos erhaltenen Papierbriefchen mit Rasierklingen. Matt golden, blau und rot bedruckt und mit zwei wunderschönen, prägnanten Schriftzügen. Als heutiges typographisches Montagsbonbon möchte ich sie meinen Lesern hier nicht vorenthalten. 🤓🔠



11.07.2025

Acht Motive liegen noch in meinem Ordner mit typographischen Fundstücken aus Barcelona. Es wird allerdings nicht einfacher, aus den verbliebenen Bildern sinnvolle Cluster zu bilden, die ich turnusmäßig hier posten kann. Zweien der Fotos jedoch könnte man die Überschrift »Kultur« zuweisen, somit soll dies das Motto des heutigen Beitrags sein.



Das erste Motiv knipste ich am berühmten Altstadtboulevard »La Rambla«, hinter der Jalousie verbirgt sich das Geschäft eines Notenhändlers. Die Paillettenschrift im oberen Teil des Fotos ist sehr wahrscheinlich eine Eigenkreation. Die handgemalten Buchstaben der Schrift darunter erinnern vage an »softe« Serifenschriften aus den 1970er- und 1980er-Jahren, aber einen 100%igen Treffer bei der Identifikation konnte ich nicht landen – vermutlich war auch hier bei der Erstellung einiges an typographischer Fantasie im Spiel.



Das zweite Motiv entdeckte ich an der belebten Straße »Carrer Gran de Gràcia«, hoch über den Köpfen der Passanten: eine alte Inschrift, vermutlich u.a. für eine einst dort ansässige öffentliche Bibliothek (BIBLIOTECA PUBLICA). Sie wirkt, als sei sie einst komplett unter Putz versteckt worden, der dann jedoch im Laufe der Zeit wieder abblätterte. Der zweite noch halbwegs lesbare Begriff oben (PENSIONES DOTES [?]) wird übersetzt mit »Mitgiftrenten«. Eine interessante Kombination – und daher ist es wohl angebracht, anzunehmen, dass diese beiden Services auf getrennten Etagen untergebracht waren … 😉 🤓 🔠

07.07.2025

Und wieder ist es Zeit für ein typographisches Montagsbonbon – heute beschäftigt es sich mit dem »Reiz des Unvollständigen«. Geknipst habe ich es Mitte Juni in Stralsund. Zunächst versuchte ich die Zeichenfolge aus der Ferne spanisch/italienisch/arabisch zu entziffern, doch beim Näherkommen lösten sich die Verständnisschwierigkeiten beim Durchschauen der aufgetragenen Übermalung schnell auf … 🤓 🔠 ⁉️😃☝️

30.06.2025

Das typographische Montagsbonbon widmet sich heute den vielen kleinen Kiosken, Lädchen und Dienstleistern, die sich redlich Mühe geben, möglichst ihr komplettes (!) Waren- oder Dienstleistungsangebot bereits von außen sichtbar anzupreisen. 



Das kann einerseits geschehen, indem so ziemlich von jeder Artikelgruppe ein Exemplar in einem prall gefüllten Schaufenster aufgetürmt wird – sehr gerne z.B. in Haushaltswarengeschäften oder Spielwarenläden. Oder der Besitzer entscheidet sich dafür, eine lange Liste von Schlagwörtern in Form von Ausdrucken oder Folienschriftzügen am Eingang oder auf dem Fenster anzubringen. 



Die skurrilsten, selbst gesichtete Beispiele dafür – für die ich leider keine Belegfotos beifügen kann – waren die Aufzählungen »MODE – FISCH – GETRÄNKE« vor Jahrzehnten an einem Strandkiosk (ich glaube, es war in Rostock Warnemünde) und die sehr breit gefächerte Produktpalette »MUSIKINSTRUMENTE – GEWÜRZE – REIS – TEE« an einem indischen Supermarkt in Hamburg und ebenfalls schon einige Jahre her.



Vergangenen Mittwoch kam ich, ebenfalls in Hamburg (Eppendorf), an einer Änderungsschneiderei vorbei, die wieder eine solche amüsante Liste auf ihrem Fenster angebracht hatte: »DAMEN – HERREN – KINDER – PELZ – LEDER«. Falls also jemand unter den Lesern noch den guten Neujahrsvorsatz vor sich herschiebt, sich oder andere Familienmitglieder ändern zu lassen – hier könnte man es, wie es scheint, in Auftrag geben … 😉 🤓 🔠 



(Die verwendete Schriftart heißt übrigens ITC Souvenir Bold.)

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