Das typographische Fundstück am heutigen Tag der Deutschen Einheit stammt passenderweise aus Berlin, nur wenige Meter entfernt vom Verlauf der ehemaligen Mauer entlang der Heidelberger Straße im Osten der Stadt. An der Adresse Kiefholzstraße 44 in Berlin-Treptow befindet sich ein Gelände mit mehreren Gebäuden, an denen das vielen geläufige, türkisfarbene Logo der Firma SIEMENS angebracht ist. Der Konzern betreibt an diesem Standort eine Niederlassung des Unternehmens SIEMENS Mobility. Als ich kürzlich dort mit dem Fahrrad vorbeifuhr – es war schon dunkel und die Buchstaben hell erleuchtet –, fielen mir an einer der weiter hinten gelegenen Fassaden die ungewöhnlich weiten Buchstabenabstände in der Wortmarke auf (siehe unscharfes Handyfoto unten).
Auf einem online verfügbaren Foto der direkt zur Straße hin gelegenen Fassade hingegen präsentiert sich der Schriftzug in der üblichen Laufweite – so, wie man ihn auf Produkten oder in Werbemedien kennt.

Zunächst nahm ich an, dass die weiten Abstände zwischen den Buchstaben eine Besonderheit darstellen, die bei der Installation aufgrund baulicher Eigenheiten der Fassade, wie Vorsprünge oder Trägerelemente, notwendig waren. Doch nach dem Betrachten weiterer Fotos, die das Gebäude bei Tageslicht zeigen, zweifelte ich wieder daran – die Fassade ist zwar mit Plattenelementen verkleidet, doch die einzelnen Buchstaben überspannen auch in der weiten Anordnung ohne Weiteres die Fugen dazwischen.
Eine Bildersuche im Netz brachte noch weitere Fotos von Unternehmensniederlassungen zutage (unter anderem auch das unten abgebildete), an denen diese ungewöhnliche, weit gesperrte Logo-Variante zu sehen ist (Beispiel 1, Beispiel 2). Daneben existieren jedoch auch etliche Niederlassungen mit der Standardversion des Schriftzuges (Beispiel 3).
Seither rätsele ich, was der Grund für diese – aus meiner Sicht nicht wirklich ästhetische – Version der SIEMENS Wortmarke an manchen Fassaden sein mag. Im unteren Bild habe ich einmal die beiden Versionen einander gegenübergestellt, die gesperrte habe ich anhand mehrerer Fotos simuliert.
Update 03.10.2025: Mir fiel aus meiner langjährigen Tätigkeit für die BVG dazu noch ein, dass es für deren Hausschrift »Transit« Varianten gibt, die speziell für den Einsatz hinterleuchteter Beschilderungen entwickelt wurden. Diese Schriftschnitte sind eine Idee magerer angelegt, da die Buchstaben später durch das Strahlen des Lichts wieder fetter wirken. Und auch die Laufweite (Buchstabenabstände) ist etwas vergrößert, da auch dies bewirkt, dass die nächtlich hinterleuchteten Texte optisch genauso wirken wie jene bei normalem Auflicht. Doch diese Modifikationen der BVG-Schrift sind sehr subtil – kein Vergleich zu den brachial erhöhten Zeichenabständen hier beim SIEMENS Logo.

Vielleicht hat ja eine/r der Mitlesenden eine plausible Vermutung oder sogar Zugriff auf konkrete interne Informationen, z.B. aus dem Corporate Design Manual des Unternehmens, die etwas Licht ins Dunkel bringen und klären können, ob es sich dabei tatsächlich um eine »offizielle« Variante des Firmenlogos handelt oder um geduldete Ausnahmen, die auf praktischen Abwägungen oder Vorkehrungen von Statikern, Monteuren, Elektroinstallateuren oder anderen »gestaltungsfernen« Fachkräften beruhen. Ich bin gespannt! 🤓 🔠 👀

Foto: © Rufus46 via Wikimedia Commons | Lizenziert unter CC BY-SA 3.0

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