Und schon wieder ein typographisches Fundstück der Woche aus meiner Hamburger »Hood«. Ein Sushi-Imbiss hat geschlossen und ein Burger-Imbiss soll demnächst an gleicher Stelle eröffnen. Stylisch und modern soll es wirken, daher wählte der Inhaber (oder sein Grafiker) eine »Techno-Schrift« für das Logo – sehr wahrscheinlich einen der zahllosen kostenlos im Internet auffindbaren und oft von Hobby-Typographen gestalteten Fonts. Die auffallendste Besonderheit dieser Schrift ist, dass sie Teile der Buchstabenformen weglässt, die von Auge und Gehirn intuitiv ergänzt werden sollen. Im Namen, beim B, R und E, funktioniert das recht gut. In der Unterzeile hingegen ist der Schriftgestalter aus meiner Sicht einen Schritt zu weit gegangen, indem er das A bogenförmig verfremdete und zudem dessen Querbalken komplett wegließ. Zumindest ich las hier auf Anhieb »ENT LIKE N BOSS«. Hier erfolgt die formale Vervollständigung im Gehirn offenbar nicht intuitiv und augenblicklich, sondern nachträglich aufgrund der Erkenntnis, dass dieser falsch gelesene, unsinnige Wortlaut so nicht stimmen kann.
Es gibt andere populäre Beispiele, bei denen dieses Weglassen von Formelementen in den Wortmarken praktiziert wird, siehe im Bild MOIA (2) und KONICA MINOLTA (3). Allerdings geschah das hier etwas professioneller, indem z.B. für das vereinfachte A die klassische, oben spitz zulaufende Form gewählt wurde, sodass ein dachförmiges Λ übrig blieb. Da es keinen anderen lateinischen Buchstaben gibt, der dieser Form gleicht, lesen wir trotzdem ein A. Wird aber das Λ zusätzlich oben abgerundet, entsteht eine Form wie ein auf dem Kopf stehendes U, die einem kleinen n viel ähnlicher sieht als einem großen A – und so wird der Buchstabe von den wohl meisten Menschen falsch gelesen.
Auch die Wortmarke des Science-Fiction-Blockbusters DUNE (4) nutzt diese Formspielerei des Weglassens, hier mit einer abgerundeten Buchstabenform für das große E. Allerdings war der Designer hier so schlau, ein Element hinzuzufügen, das den Mittelstrich des E andeutet, sodass niemand fehlgeleitet wird und womöglich DUNC läse statt DUNE. Und auch in diesem Schriftzug findet sich das Zeichen eines kopfstehenden U, das hier jedoch korrekt als N genutzt und gelesen wird.
Die Schrift des Burger-Imbiss’ nutzt im großen O einen zentrierten Punkt als Schmuckelement. Hätte der Schriftdesigner den gleichen Punkt in sein vereinfachtes A eingefügt, würde das Zeichen vermutlich eher als ein A gelesen. In Abb. (5) habe ich das einmal simuliert. Was kann man daraus lernen? Ich denke, erstens: in der Typographie können oft Kleinigkeiten einen großen Unterschied machen und zweitens: Es lohnt sich eigentlich immer, lieber eine von professionellen Schriftgestaltern entworfene Schrift für das eigene Logo zu lizenzieren. 😉

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