Bei der Recherche zum heutigen typographischen Fundstück der Woche – es stammt ebenfalls aus Kopenhagen – bin ich in ein regelrechtes »rabbit hole« gefallen. Auf einem Besorgungsweg kam ich im Stadtteil Nørrebro nahe einem großen Verkehrskreisel (Nørrebros Ronddel) an einer Apotheke in einem Eckhaus vorbei. Die ungewöhnlichen »Fähnchen« an der Spitze der drei A veranlassten mich gleich zu einem Schnappschuss. Das schon reichlich verwitterte Schild und die an Stilelemente des Art Deco erinnernden Buchstaben regten mich zur Vermutung an, dass die Apotheke schon sehr lange an diesem Ort ansässig ist und die Beschriftung des Schildes vielleicht sogar aus dieser Epoche stammt. Und so begann ich zu recherchieren.



Die erste Vermutung erwies sich als korrekt. Die Apotheke wurde 1882 gegründet und es gibt sogar noch Fotos aus den Gründungszeiten, hier zwei Links zu Fotos um die Jahrhundertwende (das Eckhaus mit den markanten Fugen zwischen den Steinplatten der Fassade):



➡️ https://kbhbilleder.dk/kbhmuseum/296183


➡️ https://kbhbilleder.dk/kbhmuseum/344762

Und auf demselben famosen Portal mit historischen Fotos aus Kopenhagen findet sich sogar ein Foto der Apotheken-Mitarbeiter im Inneren des Geschäftes:



➡️ https://kbhbilleder.dk/kbhmuseum/302516



Anderswo kann man »RezeptKuverts« der Apotheke aus der gesamten Zeit des Bestehens anschauen. Interessant ist, dass die Apotheke ihren Namen in den Anfangsjahren über der Eingangstür mit »ph«, aber auf diesen Kuverts und später dann auch an der Fassade seit jeher mit »f« schrieb:



➡️ http://www.apotekerkuverter.dk/kbhsider/stefan.htm

Meine zweite Vermutung, dass die Beschriftung irgendwann zwischen 1920 und 1940 angebracht wurde, wurde durch ein Foto um 1965/66 aus einer Facebook-Gruppe entkräftet. Ganz links im Bild ist die Apotheke zu sehen, man erkennt bereits die Schreibweise mit »f«, aber die Beschilderung ist noch eine andere:

➡️ https://www.facebook.com/groups/208657160335946/permalink/1307645257103792/



Erst auf einem Foto aus dem Jahr 1981 in derselben Gruppe befinden sich die heutigen Leuchtbuchstaben über der Eingangstür:



➡️ https://www.facebook.com/groups/208657160335946/permalink/1009344470267207/

Damit war das kleine Rätsel gelöst. Was bleibt, ist die Frage, ob dieser Schriftzug mit seinen markanten Buchstabenformen speziell für die Apotheke angefertigt wurde oder eine vollständige (käufliche) Schrift davon existiert(e). Auf diese Frage konnte ich bislang noch keine Antwort finden. 

Ich habe auf der Suche noch viele schöne weitere typographische Entdeckungen (auch wieder zum »dänischen g« 😅) gemacht, das Internet quillt förmlich über vor alten Fotos zur Historie der Stadt. Aber für heute soll es das erstmal gewesen sein. 🤓 🔠